+++ Table.Alert +++ Fraunhofer: Ermittlungen gegen Ex-Vorstände und Berater aufgenommen
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit Februar berichten wir über Ereignisse in der Fraunhofer-Gesellschaft, die nichts mit Forschung und Innovation zu tun haben, sondern mit einem “unangemessenen Umgang mit Steuermitteln“, etwa durch überhöhte Reise-, Dienstfahrzeug- und Repräsentationskosten, kritisiert in einem Bericht des Bundesrechnungshofs. Die Prüfer hatten festgestellt, dass “die rechtlichen Vorgaben vor allem für Reisen, Dienstfahrzeuge, Bewirtungen und Veranstaltungen im Vorstandsbereich unzureichend beachtet” wurden. Damals gingen die Vorwürfe noch gegen X, Y und Z.
Die Staatsanwaltschaft München I begann Ermittlungen, zunächst mit Vorbehalt, dann gegen Unbekannt. Seit heute dann offen, gegen drei frühere Vorstände der Gesellschaft und einen früheren Berater.
Wir haben den Stand der Dinge für Sie zusammengetragen.
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Analyse
Fraunhofer: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei ehemalige Vorstandmitglieder
Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen drei frühere Vorstandsmitglieder der Fraunhofer-Gesellschaft, genauer, gegen “Prof. Dr. N., Prof. Dr. K. und Dipl.-Kfm. M. sowie gegen den Beschuldigten Prof. Dr. W.”. Es bestehe der Anfangsverdacht der Untreue, berichtet die Staatsanwaltschaft weiter. Gegen die Vorstandsmitglieder lägen “insbesondere mögliche Verstöße im Hinblick auf überhöhte Abrechnungen von Reisekosten, Bewirtungskosten, Kosten für interne Veranstaltungen, Kosten für Dienstfahrzeuge und Ausgaben für Begleitpersonen während ihrer Vorstandtätigkeit zur Last”.
Gemeint sind wohl der frühere Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer, Innovationsvorstand Alexander Kurz und der frühere Finanzvorstand M. Dass gegen ihn ermittelt wird ist, ist neu. Wir haben ihn um eine Stellungnahme gebeten.
Zusätzlich werden gegen die früheren drei Vorstände auch Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Untreue im Zusammenhang mit einem Beratervertrag geführt, der offenbar mit Prof. Dr. W. geschlossen worden ist. In diesem Zusammenhang “besteht der Anfangsverdacht, dass der Vertrag die Fraunhofer-Gesellschaft ganz erheblich einseitig benachteiligt”, erklärt die Staatsanwaltschaft. “Dem Beschuldigten Prof. Dr. W. liegen insoweit Beihilfe- bzw. Anstiftungshandlungen zur Last.” Hier geht es wohl um den Strafverteidiger Endrik Wilhelm aus Dresden. Zuletzt hatte der Tagesspiegel über dessen Verbindung zu Neugebauer berichtet.
Schwere Vorwürfe gegen die FhG schon seit vielen Jahren
Seit vielen Jahren gab es Prüfungen des Bundesrechnungshofs (BRH) bei Fraunhofer. In einem Bericht wurden dann im Februar schwere Vorwürfe gegen die Fraunhofer-Gesellschaft erhoben. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte lange Zeit zu den Vorwürfen geschwiegen, trotz zahlreicher Meldungen auch in 2021, in denen von einer schlechten Führung und der Verschwendung von Steuergeldern etwa für Reisen und Veranstaltungen durch Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer berichtet wurde.
Am 1. März forderte sie dann einen “schnellstmöglichen personellen Neustart im Vorstand” – also indirekt die Ablösung von Präsident Reimund Neugebauer. “Die Vorwürfe gegen die Fraunhofer-Gesellschaft und den Vorstand wiegen schwer”, sagte die Ministerin. Seitdem ist seitens des BMBF nichts Konkretes erfolgt.
Beratervertrag mit Mindestvergütung von 1,1 Millionen Euro
Verschiedene Medien wie Zeit, Tagesspiegel und Wirtschaftswoche hatten in den vergangenen Jahren bereits mehrfach kritisch über den damaligen Fraunhofer-Präsidenten Reimund Neugebauer berichtet. Er vermische private und dienstliche Angelegenheiten, hieß es immer wieder. Die Wirtschaftswoche berichtete 2021 erstmalig über den Berater und Vertrauten Neugebauers, den Strafverteidiger Endrik Wilhelm, der 2018 “Chairman of the Board of Directors” von Fraunhofer USA wurde.
Bild und Tagesspiegel berichteten zuletzt, es gebe einen Beratervertrag mit ihm, der zwischen Januar 2019 und Dezember 2023 “fürstliche Honorare” zusichere und als Inflationsausgleich eine Mindestvergütung in Höhe von 1,1 Millionen Euro beinhalte, die auch bei vorzeitiger Vertragsauflösung fällig werden sollte.
Staatsanwaltschaft: Dauer der Ermittlungen nicht abzusehen
Reimund Neugebauer, der nach langen Querelen erst im Mai aus dem Vorstand ausgeschlossen wurde, hat bislang noch keine Stellung zu den Vorwürfen genommen.
Alexander Kurz wurde am 1. September durch den Senat der Fraunhofer-Gesellschaft abberufen. Es seien Sachverhalte bekannt geworden, die der Senat auf Grundlage einer umfassenden rechtlichen Prüfung auch als schwerwiegende Pflichtverletzungen durch Alexander Kurz zulasten der Fraunhofer-Gesellschaft bewertet, erklärte Senatsvorsitzende Hildegard Müller. In Folge dieser Erkenntnisse habe “der Fraunhofer-Senat Herrn Prof. Dr. Kurz mit sofortiger Wirkung als Vorstand abberufen”.
Die Staatsanwaltschaft weist darauf hin, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Wann mit einer Abschlussverfügung zu rechnen ist, sei derzeit noch nicht abzusehen. Es wird besonders darauf hingewiesen, dass zugunsten der Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt. Vonseiten der Fraunhofer-Gesellschaft oder des BMBF gab es bisher keine Reaktion auf den bedeutungsschweren Schritt der Staatsanwaltschaft.
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- Reimund Neugebauer
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Research.Table Redaktion
+++ Table.Alert +++ Fraunhofer: Ermittlungen gegen Ex-Vorstände und Berater aufgenommen
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seit Februar berichten wir über Ereignisse in der Fraunhofer-Gesellschaft, die nichts mit Forschung und Innovation zu tun haben, sondern mit einem “unangemessenen Umgang mit Steuermitteln“, etwa durch überhöhte Reise-, Dienstfahrzeug- und Repräsentationskosten, kritisiert in einem Bericht des Bundesrechnungshofs. Die Prüfer hatten festgestellt, dass “die rechtlichen Vorgaben vor allem für Reisen, Dienstfahrzeuge, Bewirtungen und Veranstaltungen im Vorstandsbereich unzureichend beachtet” wurden. Damals gingen die Vorwürfe noch gegen X, Y und Z.
Die Staatsanwaltschaft München I begann Ermittlungen, zunächst mit Vorbehalt, dann gegen Unbekannt. Seit heute dann offen, gegen drei frühere Vorstände der Gesellschaft und einen früheren Berater.
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Fraunhofer: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei ehemalige Vorstandmitglieder
Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen drei frühere Vorstandsmitglieder der Fraunhofer-Gesellschaft, genauer, gegen “Prof. Dr. N., Prof. Dr. K. und Dipl.-Kfm. M. sowie gegen den Beschuldigten Prof. Dr. W.”. Es bestehe der Anfangsverdacht der Untreue, berichtet die Staatsanwaltschaft weiter. Gegen die Vorstandsmitglieder lägen “insbesondere mögliche Verstöße im Hinblick auf überhöhte Abrechnungen von Reisekosten, Bewirtungskosten, Kosten für interne Veranstaltungen, Kosten für Dienstfahrzeuge und Ausgaben für Begleitpersonen während ihrer Vorstandtätigkeit zur Last”.
Gemeint sind wohl der frühere Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer, Innovationsvorstand Alexander Kurz und der frühere Finanzvorstand M. Dass gegen ihn ermittelt wird ist, ist neu. Wir haben ihn um eine Stellungnahme gebeten.
Zusätzlich werden gegen die früheren drei Vorstände auch Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Untreue im Zusammenhang mit einem Beratervertrag geführt, der offenbar mit Prof. Dr. W. geschlossen worden ist. In diesem Zusammenhang “besteht der Anfangsverdacht, dass der Vertrag die Fraunhofer-Gesellschaft ganz erheblich einseitig benachteiligt”, erklärt die Staatsanwaltschaft. “Dem Beschuldigten Prof. Dr. W. liegen insoweit Beihilfe- bzw. Anstiftungshandlungen zur Last.” Hier geht es wohl um den Strafverteidiger Endrik Wilhelm aus Dresden. Zuletzt hatte der Tagesspiegel über dessen Verbindung zu Neugebauer berichtet.
Schwere Vorwürfe gegen die FhG schon seit vielen Jahren
Seit vielen Jahren gab es Prüfungen des Bundesrechnungshofs (BRH) bei Fraunhofer. In einem Bericht wurden dann im Februar schwere Vorwürfe gegen die Fraunhofer-Gesellschaft erhoben. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hatte lange Zeit zu den Vorwürfen geschwiegen, trotz zahlreicher Meldungen auch in 2021, in denen von einer schlechten Führung und der Verschwendung von Steuergeldern etwa für Reisen und Veranstaltungen durch Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer berichtet wurde.
Am 1. März forderte sie dann einen “schnellstmöglichen personellen Neustart im Vorstand” – also indirekt die Ablösung von Präsident Reimund Neugebauer. “Die Vorwürfe gegen die Fraunhofer-Gesellschaft und den Vorstand wiegen schwer”, sagte die Ministerin. Seitdem ist seitens des BMBF nichts Konkretes erfolgt.
Beratervertrag mit Mindestvergütung von 1,1 Millionen Euro
Verschiedene Medien wie Zeit, Tagesspiegel und Wirtschaftswoche hatten in den vergangenen Jahren bereits mehrfach kritisch über den damaligen Fraunhofer-Präsidenten Reimund Neugebauer berichtet. Er vermische private und dienstliche Angelegenheiten, hieß es immer wieder. Die Wirtschaftswoche berichtete 2021 erstmalig über den Berater und Vertrauten Neugebauers, den Strafverteidiger Endrik Wilhelm, der 2018 “Chairman of the Board of Directors” von Fraunhofer USA wurde.
Bild und Tagesspiegel berichteten zuletzt, es gebe einen Beratervertrag mit ihm, der zwischen Januar 2019 und Dezember 2023 “fürstliche Honorare” zusichere und als Inflationsausgleich eine Mindestvergütung in Höhe von 1,1 Millionen Euro beinhalte, die auch bei vorzeitiger Vertragsauflösung fällig werden sollte.
Staatsanwaltschaft: Dauer der Ermittlungen nicht abzusehen
Reimund Neugebauer, der nach langen Querelen erst im Mai aus dem Vorstand ausgeschlossen wurde, hat bislang noch keine Stellung zu den Vorwürfen genommen.
Alexander Kurz wurde am 1. September durch den Senat der Fraunhofer-Gesellschaft abberufen. Es seien Sachverhalte bekannt geworden, die der Senat auf Grundlage einer umfassenden rechtlichen Prüfung auch als schwerwiegende Pflichtverletzungen durch Alexander Kurz zulasten der Fraunhofer-Gesellschaft bewertet, erklärte Senatsvorsitzende Hildegard Müller. In Folge dieser Erkenntnisse habe “der Fraunhofer-Senat Herrn Prof. Dr. Kurz mit sofortiger Wirkung als Vorstand abberufen”.
Die Staatsanwaltschaft weist darauf hin, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Wann mit einer Abschlussverfügung zu rechnen ist, sei derzeit noch nicht abzusehen. Es wird besonders darauf hingewiesen, dass zugunsten der Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt. Vonseiten der Fraunhofer-Gesellschaft oder des BMBF gab es bisher keine Reaktion auf den bedeutungsschweren Schritt der Staatsanwaltschaft.
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