es ist der große Knackpunkt der internationalen Klimapolitik: Fossile Energieträger dürfen nicht weiter verbrannt werden, wenn die Klimakrise gestoppt werden soll. Eine neue Studie zeigt aber: die Öl- und Gasländer investieren weiter in deren Förderung, Verbraucherländer erhöhen fossile Subventionen, statt sie zu kürzen. Das ist der Weg zu einer Erwärmung um 2,7 Grad, warnt der Bericht. Die COP28 droht zu scheitern, bevor sie überhaupt gestartet ist. Und dieser laute Alarm mit harscher Kritik am nächsten COP-Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate kommt nicht zufällig an dem Tag, an dem der designierte COP-Präsident Sultan Al Jaber Bonn besucht.
Auf der Bonner Klimakonferenz SB58 wird auch um Geld gerungen. Es geht um Milliarden für einen Loss-and-Damage-Fonds. Doch viele reiche Länder üben sich in einer “Verzögerungstaktik“, kritisiert Harjeet Singh von CAN International. Geizig sind die UN-Staaten auch bei der Finanzierung des UN-Klimasekretariats – obwohl es hier nur um vergleichsweise läppische 30 Millionen Euro geht. Weit größer sind die Summen bei der Klimakompensation, die reiche Industriestaaten für ihre historische Klimaschuld an Staaten des Globalen Südens zahlen müssten: 170 Billionen US-Dollar, zeigt eine neue Studie. Mehr Geld brauchen auch die Malediven, die mittlerweile neue Inseln aufschütten, um sich gegen das Untergehen zu stemmen, wie ihr EU-Botschafter im Interview erzählt.
Wir jedenfalls werden genau beobachten, was weiter in Bonn und anderswo passiert.
Beste Grüße!

Mit einem dringenden Aufruf zur Kursänderung und scharfer Kritik an den Ländern mit fossilen Rohstoffen hat sich auf der Bonner Klimakonferenz der “Climate Action Tracker” (CAT) in die Debatte um den Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle zu Wort gemeldet. Der CAT ist ein Projekt der Think-Tanks “Climate Analytics” und “New Climate Institute”, das regelmäßig die Klimapolitik der UN-Staaten bewertet. In seiner Zwischenbilanz “Countdown to COP28” kritisieren die Experten:
Die Studie wird am heutigen Donnerstag auf der Bonner Klimakonferenz SB58 vorgestellt und liegt Table.Media vorab vor. Für ihre Analyse haben Wissenschaftler die nationalen und globalen Trends bei CO₂-Emissionen, Investitionen und Politik-Entscheidungen mit den Erfordernissen abgeglichen, die die Wissenschaft an die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels stellt. Nach CAT-Berechnungen befindet sich die Welt bei absehbaren Emissionstrends auf dem Weg zu einem “katastrophalen” Temperaturanstieg von 2,7 Grad Celsius im Jahr 2100.
Hinter den Kulissen debattiert die Bonner Konferenz in diesen Tagen auch darüber, ob die COP28 in Dubai im Dezember den Ausstieg aus den fossilen Energien beschließen wird. Für die Klimaziele müssten die CO₂-Emissionen bis 2030 halbiert werden und “die Produktion von Öl und Gas letztlich ganz auslaufen”, wiederholen die Autoren den wissenschaftlichen Konsens. Schon vor zwei Jahren hat die Internationale Energieagentur IEA kalkuliert, dass für die Pariser Klimaziele keine neue Infrastruktur für Fossile gebaut werden darf.
Vor diesem Hintergrund kritisiert der aktuelle CAT-Bericht:
Der Bericht wendet sich auch gegen “Ablenkungen wie CCS” (Carbon Capture and Storage) und kritisiert konkret die Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als Gastgeber der COP28. Der designierte COP28-Präsident und Industrieminister der VAE, Sultan Al Jaber, strebt statt einem Aus für fossile Energie nur nach einem Aus für “Emissionen aus den Fossilen” und propagiert dafür die massive Ausweitung von Techniken wie CCS.
Am selben Tag, an dem al Jaber auf der Bonner Konferenz erwartet wird, erklärt nun CAT mit dem vorgelegten Bericht, CCS “spielt keine relevante Rolle bei der Dekarbonisierung des Energiesektors, weil erneuerbare Energie im Vergleich viel billiger ist und einen geringeren ökologischen Fußabdruck hat.” Und “die Aktion der VAE zur Unterstützung von Öl, Gas und CCS wecke ernste Zweifel an ihrer Eigenschaft, einen ehrgeizigen Deal auf der COP28 zu verhandeln. Die VAE verfolgen klar eine Agenda, die die Aufmerksamkeit vom Ausstieg aus den Fossilen ablenkt und wenn sie erfolgreich ist, Öl und Gasproduktion in großem Maßstab für die Zukunft festlegt.” So werde “die Möglichkeit vertan, bei der COP28 einen gerechten Ausstieg aus Öl und Gas zu verhandeln, der die dringende Notwendigkeit der Dekarbonisierung berücksichtigt.”
Der Bericht sieht auch positive Entwicklungen. So setze sich global der Ausstieg aus der Kohle durch und der Ausbau der erneuerbaren Energien gewinne an Tempo. Doch auch hier mahnt der CAT zu mehr Eile: Selbst ein erklärtes weltweites Ausbauziel für Erneuerbare von 1.000 Gigawatt jährlich bis 2030, das die IRENA ins Spiel gebracht hat und das unter anderem von der EU unterstützt wird, reiche nicht aus, es müsse “klar größer sein als 1 Terrawatt”.
Das bisherige System, so der Bericht, “funktioniert für die Reichen”: Die großen Öl- und Gaskonzerne hätten 2022 insgesamt 110 Milliarden Dollar für Dividenden und den Rückkauf von eigenen Aktien ausgegeben – mehr als die 100 Milliarden Dollar, die die Industriestaaten den armen Ländern für Klimahilfen versprochen und bisher nicht gehalten haben.
Weil aber gleichzeitig 2022 die globalen CO₂-Emissionen aus dem Energiesektor mit 36,8 Milliarden Tonnen einen neuen Höchststand erreicht haben, sei eine Trendwende bisher nicht in Sicht. “Der Zustand der globalen Klimapolitik”, schreiben die Autoren, “hat sich nicht groß verändert, seit UN-Generalsekretär auf der COP27 gewarnt hat, die Welt befinde sich auf dem Weg in die Klimahölle”.

Die Erwartungen an die nächste Weltklimakonferenz sind enorm. Das zeigt sich nicht zuletzt auf den derzeit stattfindenden Zwischenverhandlungen der UN-Klimarahmenkonvention in Bonn (SB58). Hier wird die COP28 vorbereitet, die Ende November in Dubai stattfinden wird. Doch bislang ist teilweise nicht klar, was überhaupt vorbereitet werden muss. Die Verhandlungen begann mit einem Streit über die Agenda, der bis dato noch nicht beigelegt wurde und es möglicherweise bis zum Ende der Konferenz auch nicht mehr wird.
In dem Disput geht es um eine Forderung der EU-Länder, das sogenannte Mitigation Work Programme, das den Pfad zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels festlegen soll, künftig auch auf den eher technischen und weniger politischen Verhandlungen in Bonn zu thematisieren. Der EU und anderen progressiven Staaten ist es ein Anliegen, die weltweiten Emissionsminderungen nicht nur einmal jährlich auf den COPs zu diskutieren.
Eine Staaten-Gruppe innerhalb der UN – die sogenannten Like-Minded Developing Countries, zu denen auch China, Indien und Saudi-Arabien gehören – lehnt das strikt ab. Offiziell aus formellen Gründen, doch dahinter steckt der ewige Streit darüber, ob die Industrienationen als Hauptverursacher des Klimawandels den Entwicklungsländern Vorschriften für CO₂-Minderungen machen sollten. Vor allem dann nicht, wenn mit neuen Minderungsvorgaben für Entwicklungsländer keine Finanzmittel zur Unterstützung einhergehen.
Wenn der designierte COP28-Präsident Sultan Ahmed Al Jaber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten am heutigen Donnerstag im World Conference Center in Bonn auftaucht, könnte er dabei helfen, den Streit beizulegen – obwohl noch nicht im Amt. Wenn er seine Prioritäten für COP28 klar benennt, könnte daraus auch abgeleitet werden, wie sich die Agenda in Bonn zusammensetzen muss, um die COP im Herbst hinreichend vorzubereiten.
Bislang ist keine öffentliche Rede Al Jabers in Bonn geplant, dafür aber ein Treffen mit Vertretern junger Klimaaktivisten. Dabei gibt es neben dem Agenda-Streit in Bonn weiteren Klärungsbedarf auf dem Weg zur COP28. Beim Petersberger Klimadialog Anfang Mai in Berlin überraschte Al Jaber mit seiner Aussage, man müsse sich auf den schrittweisen Ausstieg aus den “Emissionen fossiler Brennstoffe” konzentrieren – nicht den fossilen Brennstoffen selbst. Seitdem befürchten Verhandler und Umweltorganisationen, Al Jaber könnte die CO₂-Abscheidung, Speicherung und Nutzung (CCSU) in den Fokus seiner Bemühungen rücken und so den Ausstieg aus fossilen Energieträgern erheblich verwässern.
Nach einem Treffen Al Jabers gestern in Brüssel mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Green-Deal-Kommissar Frans Timmermans und Außenbeauftragten Josep Borrell ist kaum klarer geworden, wohin die Reise der Fossilen geht. Die COP28 solle “Fortschritte […] bei der Umstellung auf Energiesysteme frei von fossilen Brennstoffen ohne CCSU (unabated fossil fuels)” liefern, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der vier.
Es ist die Rückkehr zu einer Formulierung, wie sie auch die G7 verwenden und die ähnlich ist zu den Diskussionen vergangenes Jahr auf der COP27 in Sharm el-Sheikh. Dort hatten über 80 Länder einen Vorstoß Indiens unterstützt, alle fossilen Brennstoffe herunterzufahren. Auch die EU zählte zu den Unterstützern und will sich auch in Dubai weiter für den fossilen Ausstieg einsetzen. Dass der künftige COP-Chef sich nun einer solchen Formulierung anschließt, könnte ein Indiz dafür sein, dass die Positionen von Al Jaber und der EU nicht so weit auseinanderliegen wie gedacht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Laut Weltbank wird der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 voraussichtlich um 10 bis 100 Zentimeter ansteigen. Nach diesen Schätzungen könnten die Malediven vollständig überflutet werden. Wie bereitet sich Ihr Land darauf vor?
Im Jahr 2050 werden 80 Prozent der Malediven nicht mehr bewohnbar sein. Die Regierung der Malediven hat es sich zum Ziel gesetzt, neue Inseln zu schaffen, die vor dem Anstieg des Meeresspiegels und vor Tsunamis geschützt sind. Diese Inseln verfügen beispielsweise über einen starken Küstenschutz und liegen zwischen fünf und sechs Metern über dem mittleren Meeresspiegel.
Was ist der Zweck dieses neuen Inselprogramms?
Im Wesentlichen geht es darum, sicherere Lebensräume zu schaffen, da eine Bevölkerungskonsolidierung in diesen schwierigen Zeiten unvermeidlich ist. Wir erleben bereits die Abwanderung kleiner Populationen von ihren Heimatinseln in sicherere Gebiete.
Wie wollen Sie auf diesen neuen Inseln in Sachen Energie unabhängig sein?
Alle Inseln haben ihre eigene unabhängige Energieversorgung durch fossile Brennstoffe, hauptsächlich Dieselgeneratoren. Die Malediven planen, bis 2030 kohlenstoffneutral zu werden. Auf den Malediven gibt es jedoch nicht genügend Land oder Dachflächen, um Solaranlagen zu installieren. Die praktikablere Option sind schwimmende Solaranlagen, die in den zahlreichen flachen Lagunen der Malediven gut platziert werden könnten.
Diese Projekte müssen offensichtlich finanziert werden. Wie schwierig ist es, Zugang zur Klimafinanzierung zu erhalten?
Das größte Problem, mit dem wir im Moment konfrontiert sind, ist der Mangel an Informationen. Genauer gesagt sind es die bestehenden Lücken bei der Verfolgung der Klimafinanzierung und der Berichterstattung, die einen besseren Zugang zur Klimafinanzierung erschweren. Außerdem muss die Abgrenzung zwischen der Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsprojekten klarer werden.
Wie lässt sich das konkret umsetzen?
Die Malediven erhalten mehr Mittel für den Klimaschutz als für die Anpassung an den Klimawandel, obwohl unsere CO₂-Emissionen gering sind und wir dringend Mittel für die Anpassung benötigen. 71 Prozent der Gesamtsumme sind für den Klimaschutz bestimmt, 23 Prozent für die Anpassung und sechs Prozent sind bereichsübergreifend. Von den 200 Millionen US-Dollar, die die Malediven für den Klimaschutz erhalten, sind 80 Millionen als Zuschüsse und weitere 80 Millionen als Darlehen vorgesehen. Im Vergleich dazu erhalten die Malediven für die Anpassung 70 Millionen Dollar als Zuschüsse und zehn Millionen Dollar als Darlehen.
Was wäre dann Ihrer Meinung nach erforderlich, um einen besseren Zugang zur Klimafinanzierung zu erhalten?
Wir brauchen eine bessere Datenerfassung. Zum Beispiel eine verbesserte Berichterstattung über Mitigation und Adaptation sowie verbesserte Mechanismen zur Verfolgung der finanziellen Unterstützung, die wir erhalten haben und die wir brauchen. Wir brauchen auch Daten über die Bodenerosion, den Anstieg des Meeresspiegels und die Gesundheitsrisiken. Die derzeitigen Datenerfassungsmechanismen sind unzureichend, was Risikobewertungen und Vorhersagen sehr schwierig macht. Und wir brauchen unbedingt Kapazitäten und technische Hilfe von Gebern, Entwicklungsagenturen und NGOs.
Würde der “Loss and Damage”-Fonds den Zugang zur Klimafinanzierung verbessern?
Ja, das wird er sicherlich. Die gute Nachricht ist, dass Umfragen zeigen, dass selbst künftige Generationen in Europa und der westlichen Welt, die wahrscheinlich stark von der Klimakrise betroffen sein werden, die Idee von Entschädigungszahlungen für die Folgen des Klimawandels zu unterstützen scheinen. Wie der Fonds und andere Regelungen zur Finanzierung von Schäden und Verlusten in vollem Umfang umgesetzt werden sollen, muss noch ausgearbeitet werden, aber eines ist klar: Er wird auch 2023 ein wichtiger Bestandteil der internationalen Klimaagenda sein.
5. bis 14. Juni, Washington/Online
Konferenz The Transatlantic Climate Bridge Conference 2023
Die Transatlantic Climate Bridge Konferenz 2023 diskutiert über die Zukunft des transatlantischen Klimaschutzes zwischen den Vereinigten Staaten, Kanada und Deutschland. Die Teilnehmer fokussieren sich dabei auf die Schlüsselrolle der subnationalen Akteure für den Klimaschutz. Im Zentrum steht beispielsweise die Frage, wie Partnerschaften zwischen Städten, Staaten und Regierungen über den Atlantik hinweg gestärkt werden können. Infos
5. bis 15. Juni, Bonn
Konferenz Bonn Climate Change Conference
Die Konferenz des UNFCCC (SB58) ist die Vorbereitungskonferenz für die COP im November in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Climate.Table ist vor Ort und berichtet mit Sonderausgaben, in unserer Ausgabe vom vergangenen Montag finden Sie einen Überblick, über interessante Side-Events. Infos
8. Juni, 9.30 Uhr, Online
Webinar Education for a Sustainable Future – Empowering Individuals to Tackle Climate Change
Bildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung des Klimawandels. Zu den Möglichkeiten, wie Bildung zur Bewältigung des Klimawandels beitragen kann, gehören Klimakompetenz, Ausbildung in grünen Kompetenzen und Gemeinschaftsbildung. Auf dem Event von Euractiv wird darüber diskutiert, wie Klima- und Nachhaltigkeitsbildung gestärkt werden können. Infos
8. Juni, 19 Uhr, Hamburg
Workshop Her mit den guten Ideen: Wie schonen wir Ressourcen?
Plastikmüll vermeiden, CO₂ einsparen, Konsum reduzieren – wie kann man ressourcenschonender leben? Drei Start-ups stellen ihre Geschäftsideen für besseres Wirtschaften vor. Mit Umweltsenator Jens Kerstan diskutieren die Gründerinnen und Gründer Nachhaltigkeitsziele und soziale Innovationen für Hamburg. Infos
12. Juni, 10 Uhr, Bonn
Diskussion Linking Loss and Damage to Conflict Affected and Fragile Settings
Der Klimawandel ist ein Risikomultiplikator für die nachhaltige Entwicklung, speziell in fragilen und von Konflikten betroffenen Staaten. Dort sind die Lebensgrundlagen der Schwächsten bedroht und soziale Ungleichheiten nehmen zu. Parallel zur Klimakonferenz in Bonn diskutiert das German Institute of Development and Sustainability darüber. Infos
12. Juni, 13 Uhr, Online
Konferenz Vom Planen zum Handeln: Wie kann die Mobilitätswende beschleunigt werden
Die Konferenz von Agora Verkehrswende nimmt die Stadt als Ort der Verkehrswende in den Blick, beispielhaft wird auf Hamburg geschaut. Wie lassen sich die Verkehrsströme mit Mobilitätsmanagement nachhaltig gestalten – auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit, insbesondere auch am Stadtrand und im ländlichen Raum? Infos
13. bis 14. Juni, Berlin/Online
Symposium Energieforschung vernetzt
Während des ersten Symposiums der Forschungsnetzwerke Energie tauschen sich Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Energieforschung aus. Eingeleitet wird die Konferenz mit einem Beitrag zur Neuausrichtung und den zukünftigen Schwerpunkten der Energieforschung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Infos
14.-15. Juni, Berlin
Kongress Wir sichern Energie
Der Kongress des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) steht unter dem Motto “Wir sichern Energie”. Auf dem größten Branchentreffen Deutschlands will der Verband mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft eine Standortbestimmung vornehmen. Infos
14.-15. Juni, Berlin
Konferenz European Economic Conference – The transformation of Europe
Europa ist ein Versprechen – für Vielfalt, gemeinsame Stärke und vor allem Freiheit. Wie kann dieses Versprechen für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft dauerhaft eingelöst werden? Das will die Frankfurter Allgemeine Zeitung zum Leitfaden ihrer Konferenz machen, auf der es auch um die Herausforderungen für Europa durch die Klimakrise geht. Infos
15. Juni, 16 Uhr, Berlin
Diskussion Climate change and disinformation
Falschinformation rund um das Thema Klimaschutz mehr sich. In der Debatte des Institutes für Europäische Politik geht es darum, wie man dieses Problem angehen kann. Infos
Auf der Bonner Klimakonferenz SB58 wird auch über ein globales Ziel für den Ausbau der Erneuerbaren und eine Absenkung der Nutzung fossiler Energieträger debattiert. Vor allem um den Rückbau der Fossilen gibt es harte Verhandlungen mit großen Interessengegensätzen. Die praktische Umsetzung in den einzelnen Staaten wird noch schwieriger. Aktuell geht der Trend bei der Energiewende zwar in die richtige Richtung, aber noch viel zu langsam, wie Daten des Think-Tanks Ember zeigen:

Zwar werden die Erneuerbaren schneller ausgebaut und verdrängen Kohle aus dem Strommix. Allerdings wird der Fortschritt in großen Schwellenländern teilweise von einer Zunahme des Energieverbrauchs aufgezehrt. In China und Indien nahm der Anteil der Kohle am Strommix zwar ab, aber insgesamt wurde in diesen Staaten im Jahr 2022 mehr Strom aus Kohle erzeugt als noch 2015. Und Indonesien, Russland und die Türkei setzen weiterhin stark auf die Kohle. Laut Ember gibt es aber auch für diese Staaten Anzeichen für einen baldigen Höchstwert (“Peak”) bei den Kohleemissionen. nib
In der Frage, wo die COP29 im Jahr 2024 stattfinden soll, blockieren sich die entscheidenden Staaten derzeit gegenseitig. Durch die Konfrontation zwischen Russland und der EU ist derzeit völlig unklar, wer und ob ein Land aus Osteuropa der übernächste Gastgeber wird. Eigentlich sollte darüber bei der Konferenz in Bonn entschieden werden.
Lange galt Tschechien als heißer Gastgeber-Kandidat. Nun hat das Land seine Kandidatur zurückgezogen. Aus Kapazitätsgründen, heißt es aus Verhandlungskreisen.
Die osteuropäische Regionalgruppe der UN ist turnusgemäß an der Reihe für die Austragung der COP29. Im Rennen sind noch Bulgarien, Armenien und Aserbaidschan. Alle drei haben in Bonn am Dienstag hinter verschlossenen Türen ihre Konzepte präsentiert. Die Osteuropäer treffen diese Entscheidung im Konsens und unter sich. Einen eindeutigen Favoriten gibt es offenbar noch nicht.
Die Entscheidung leidet unter den geopolitischen Spannungen: Die EU-Länder der Osteuropa-Gruppe unterstützen – wenig überraschend – Bulgarien. Doch Russland, das auch Teil der Gruppe ist, hatte schon zuvor angekündigt, jeden EU-Kandidaten zu blockieren. Zwar will die EU die anderen beiden Kandidaten nicht prinzipiell blockieren, heißt es aus Verhandlerkreisen. Aber Brüssel will sich auch nicht von Russland erpressen lassen. Dennoch wachsen die Chancen für Armenien und Aserbaidschan. Allerdings tobt zwischen beiden Ländern ein jahrzehntealter Konflikt über die Region Bergkarabach.
Nun ist es an den Vorsitzenden der Osteuropa-Gruppe (Albanien und Slowenien), den Prozess zu moderieren und im Laufe der SB58 zu einer Einigung zu kommen, die schließlich auf der COP28 in Dubai offiziell verkündet werden soll. Sollte es keine Einigung geben, könnte die Osteuropa-Gruppe im Turnus der Konferenzen übersprungen werden, schlagen Beobachter vor. Da Brasilien für die COP30 bereits in den Startlöchern als Vertreter Südamerikas steht, wären 2024 dann “Westeuropa und Weitere” wieder an der Reihe. Die Gruppe ist eigentlich erst 2026 zur COP31 dran.
Australien (gemeinsam mit einem pazifischen Inselstaat) und die Türkei, die offiziell zur “Westeuropa”-Gruppe gehören, haben bereits öffentlich Interesse bekundet. Australien erhält zudem Unterstützung für die Kandidatur aus der Schweiz, den USA und von Kanada. Es wäre daher möglich, dass eines der beiden Länder seine Kandidatur auf 2024 vorzieht, während das andere zwei Jahre später dran ist. Australien hatte mit seiner neuen Regierung, die Klimaschutz als Priorität sieht, schon vergangenes Jahr eine Kandidatur für die COP29 in Betracht gezogen. luk
Im Haushalt des Klimasekretariats der UNFCCC klafft ein großes Loch: Der UN-Organisation fehlen derzeit etwa 30 Millionen Euro, sagte Exekutivdirektor Simon Stiell bei der Eröffnung der Klimakonferenz SB58 am Montag. Auf dem Treffen in Bonn soll das zweijährige Budget für 2024 und 2025 beraten und beschlossen werden. Es hat ursprünglich einen Gesamtumfang von etwa 320 Millionen Euro und umfasst etwa 650 Stellen. Doch inzwischen sind nach internen UN-Angaben 140 der knapp UNFCCC-200 Staaten mit ihren freiwilligen Zahlungen, die nach ihrer Wirtschaftskraft berechnet werden, im Rückstand – teilweise mit Millionenbeträgen.
Das Budget des Sekretariats stammt jeweils etwa zur Hälfte aus den Zuwendungen der Staaten und aus anderen Quellen wie Gebühren oder Fonds der internationalen Klimafinanzierung. Stiells Verwaltung legte der Konferenz nun drei mögliche Varianten für den neuen Haushalt vor:
Viele Staaten knausern mit ihren Zuwendungen an das Sekretariat, das den Prozess der UN-Konferenzen und der gesamten Klima-Diplomatie organisiert. Eine Übersicht über die Beiträge zum Kern-Budget des UNFCCC für 2023 zeigt, dass von den eigentlich erwarteten fast 27 Millionen Zuschüssen etwa 14 Millionen nicht gezahlt wurden. Größter säumiger Zahler sind schon traditionell die USA, die statt der erwarteten 5,7 Millionen Euro nichts gezahlt haben, und China, das für 2023 ebenfalls seine Gesamtsumme von 4,6 Millionen nicht überwiesen hat.
Die Zahlen aus einem zusätzlichen Budget, das insgesamt bis zu zwei Drittel des UNFCCC-Haushalts ausmacht, werden derzeit von der UN nicht veröffentlicht. Eine Debatte der Zahlen könnte wohl die laufenden Verhandlungen gefährden, heißt es.
Weitere große Schuldner im Kern-Budget sind Länder wie Indien, Russland, Saudi-Arabien, Südkorea und Brasilien. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate, immerhin Gastgeber der COP28, haben in diesem Jahr noch nichts zum Kernbudget beigetragen und sind mit knapp 200.000 Euro im Rückstand. Die europäischen Länder dagegen haben ihre Beiträge entrichtet.
Die schlechte Zahlungsmoral für die Klimadiplomatie hat bei den UN-Staaten lange Tradition. Bereits 2019 belief sich die Finanzierungslücke des Sekretariats auf etwa 16 Millionen Euro. bpo
Um ihre übermäßigen Treibhausgasemissionen zu kompensieren, müssten die Industriestaaten des Nordens Ausgleichszahlungen in Höhe von 170 Billionen US-Dollar an die Länder des Globalen Südens leisten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschergruppe um Andrew Fanning von der britischen Universität Leeds. Ihre Studie ist am Montag in der Fachzeitschrift Nature Sustainability erschienen.
Für ihre Berechnungen gingen die Wissenschaftler davon aus, dass die Erdatmosphäre eine Ressource ist, die allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung steht. “Es ist eine Frage der Klimagerechtigkeit, dass die Länder, von denen wir eine rasche Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft verlangen, obwohl sie nicht für die übermäßigen Emissionen verantwortlich sind, die das Klima destabilisieren, für diese ungerechte Belastung entschädigt werden”, sagt Fanning.
Das Forscherteam hat mithilfe von Daten des Weltklimarats (IPCC) die historischen CO₂-Emissionen seit 1960 mit den zu erwartenden Emissionen bis 2050 verrechnet. So konnte für jedes Land auf Basis der Bevölkerungszahl ermittelt werden, wie viel CO₂ es in diesen 90 Jahren insgesamt ausstoßen darf, um einen fairen Anteil am globalen Kohlenstoffbudget zu erhalten. Zudem gingen die Forscher davon aus, dass sich alle Staaten tatsächlich an das Ziel halten, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und im Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Demnach dürfen insgesamt noch 1,8 Billionen Tonnen CO₂ emittiert werden.
Aus dem 1,5-Grad-Ziel ergaben sich auch die CO₂-Vermeidungskosten und aus diesen wiederum der CO₂-Preis, mit dem die Forschergruppe kalkulierte. Der Studie zufolge müssten die USA mit rund 80 Billionen US-Dollar die höchsten Ausgleichszahlungen leisten. Die EU inklusive Großbritannien käme auf 46 Billionen US-Dollar. Die Belastung für Deutschland würde sich bis 2050 auf 4.619 Euro pro Kopf und Jahr belaufen. Das wäre der zweithöchste Wert nach den USA. Es folgen Russland, Großbritannien und Japan. Indien hingegen hätte als größter Nutznießer Anspruch auf Zahlungen in Höhe von 57 Billionen US-Dollar. An zweiter Stelle läge China mit 15 Billionen US-Dollar. Es folgen Indonesien, Pakistan und Nigeria.
Die Studie aus Leeds ist nicht die erste, die sich mit der Frage befasst, welche Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel angemessen wären. Doch während das Team um Fanning auf der Grundlage des (in einer 1,5-Grad-Welt) noch verfügbaren Emissionsbudgets argumentiert, fragen andere Forscher beispielsweise nach der Verantwortung für Klimaschäden. Ein Kommentar in der Fachzeitschrift “One Earth” kam kürzlich zu dem Schluss, dass die Ölkonzerne Saudi Aramco, ExxonMobil, Shell und BP die höchsten Reparationen für Klimaschäden zahlen müssten. ch/ae
Das siebte Ziel für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goal, SDG) – der Zugang aller Menschen zu sauberer, verlässlicher und bezahlbarer Energie bis 2030 – könnte verfehlt werden. Das geht aus einem neuen Bericht der Weltbank, der IRENA, der IEA und anderer Organisationen hervor. Demnach würden bis 2030 weiterhin 660 Millionen Menschen ohne Stromzugang und 1,9 Milliarden ohne Zugang zu sauberen Kochmöglichkeiten seien.
Zwar gab es in einigen Teilbereichen Fortschritte. Doch die Geschwindigkeit ist zu gering, um das gesamte SDG bis 2030 zu erreichen. 2021 hatten 91 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zu Strom. 2010 lag die Zahl noch bei 84 Prozent. 567 Millionen Menschen in Afrika haben jedoch weiterhin keinen Zugang – dieses Problem blieb demnach gegenüber 2010 nahezu unverändert.
Die Energieintensität des globalen Wachstums hat sich demnach zwischen 2010 und 2020 pro Jahr um 1,8 Prozent verbessert. Im Jahrzehnt davor waren es lediglich 1,2 Prozent. Allerdings bräuchte es Effizienz-Verbesserungen von 3,4 Prozent pro Jahr, um das Teilziel zur Energieeffizienz noch zu erreichen.
Schon vor der Pandemie begannen die internationalen, öffentlichen Finanzströme zum Ausbau einer sauberen Energieversorgung zurückzugehen, so die IRENA. 2021 wurden gut elf Milliarden US-Dollar bereitgestellt – 35 Prozent weniger als im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019. Die Finanzierung sei zudem auf eine kleine Anzahl von Ländern beschränkt: Im Jahr 2021 entfielen 80 Prozent auf 19 Staaten. Der Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken ist deshalb ins Stocken geraten. Ein weiterer Grund liegt im Rückzug von privatem Kapital aus diesen Ländern. nib
Der Klimawandel ist einer neuen Studie zufolge so stark fortgeschritten, dass es schon in naher Zukunft eine eisfreie Arktis im Sommer geben könnte. Das wäre eine deutlich schnellere Entwicklung als bisher angenommen: Noch 2021 war der 6. IPCC-Sachstandsbericht davon ausgegangen, dass bei einer raschen Emissionsminderung und einer Erderwärmung unter 2 Grad das Sommereis rund um den Nordpol erhalten bleiben könnte.
Die neue Studie, die im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht wurde, geht nun davon aus, dass selbst in einem Szenario mit niedrigen Emissionen die Sommer in der Arktis eisfrei werden. Demnach könnten die ersten eisfreien September bereits in den 2030er Jahren stattfinden.
Das schneller schmelzende Eis in der Arktis hat Auswirkungen und Rückkopplungseffekte auf das weltweite Klima: Durch die eisfreie, dunklere Oberfläche erwärmt sich der Ozean schneller, das führt zu einer Abschwächung des Jetstreams, woraus mehr Extremwetterereignisse in Europa, Nordamerika und Asien entstehen.
Dafür, wie dieser Teufelskreis Fahrt aufnimmt, gibt es immer mehr wissenschaftliche Nachweise. Der Copernicus Climate Change Service (C3S) berichtet aktuell beispielsweise, dass die Oberflächentemperatur der Ozeane in diesem Jahr einen Rekordwert für Mai erreichte. Gleichzeitig steigt auch die Konzentration von Treibhausgaben in der Atmosphäre weiter an. Die Universität von Kalifornien in San Diego vermeldete Anfang der Woche einen neuen Rekordwert mit einer CO₂-Konzentration von 424,5 ppm. kul
Rund 66 Gigawatt (GW) an Wind- und Solarprojekten befinden sich in Südafrika in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Rund 18 GW davon sind bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Das bedeutet, dass die nötigen Umweltgenehmigungen vorliegen und Machbarkeitsstudien durchgeführt wurden. Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung “2023 South African Renewable Energy Grid Survey” des Stromversorgers Eskom und der südafrikanischen Wind- und Photovoltaikverbände.
Die Projekte im fortgeschrittenen Stadium könnten innerhalb der kommenden drei Jahre in Betrieb gehen. Außerdem sollen laut der Untersuchung rund 19 GW der Solar- und 7,5 GW der Windprojekte mit Batteriespeichern gekoppelt werden.
Südafrikas Energieversorgung ist aktuell sowohl unzuverlässig – größere Stromausfälle häufen sich – als auch sehr stark abhängig von fossiler Energie, besonders von Kohle. 2021 wurden lediglich vier Prozent des Energiebedarfs und neun Prozent des Strombedarfs durch Erneuerbare gedeckt. kul
Seit Dienstag können Unternehmen Pläne zur Dekarbonisierung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einreichen, wenn sie einen Klimaschutzvertrag mit dem Bund abschließen wollen. Dieses “vorbereitende Verfahren” endet in zwei Monaten. Im Winter soll dann ein “Gebotsverfahren” folgen, an dem nur Firmen teilnehmen können, die jetzt im Sommer ihre Pläne übermitteln. Ende des Jahres will der Bund über die Zuschläge entscheiden. Noch hat die EU das Instrument beihilferechtlich nicht genehmigt, eine grundsätzliche Zustimmung gebe es aber, so Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Mit Klimaschutzverträgen will das BMWK Unternehmen finanziell unterstützen, die ihre CO₂-intensiven Prozesse auf erneuerbare Energie umstellen – etwa in der Stahl-, Zement-, Papier- oder Glasindustrie. Klimaschutzverträge sollen Unternehmen gegen Preisschwankungen von Energieträgern wie Wasserstoff absichern und die Anschubfinanzierung gewährleisten. Insgesamt soll ein mittlerer zweistelliger Milliardenbetrag zur Verfügung stehen. Reuters berichtet unter Berufung auf Regierungskreise von bis zu 50 Milliarden Euro. Wie hoch die Summe wird, hängt von der Haushaltsplanung des Bundes ab – noch laufen die Verhandlungen.
Klimaschutzverträge funktionieren wie folgt: Die Unternehmen kalkulieren, wie viel die Dekarbonisierung ihrer Prozesse pro Tonne CO₂ kostet. Diesen Betrag reichen sie später in diesem Jahr als Gebot beim BMWK ein. Die Unternehmen, die ihre Prozesse am günstigsten umstellen können, bekommen den Zuschlag. Die über 15 Jahre laufenden Verträge garantieren dem Unternehmen, dass der Staat die für Investition und Betrieb anfallenden Mehrkosten für die klimafreundlicheren Prozesse übernimmt. Wird die konventionelle Art zu produzieren im Zeitverlauf teurer als die klimafreundlichere, kehrt sich die Zahlungsrichtung um – dann zahlt das Unternehmen an den Staat.
Laut des überarbeiteten Entwurfs der Förderrichtlinie können Unternehmen profitieren, die Anlagen mit einem CO₂-Ausstoß von mindestens zehn Kilotonnen betreiben. Eine Bewerbung von verschiedenen Unternehmen mit mehreren Anlagen als Konsortium ist möglich. Zwingende Voraussetzung ist, dass Strom zur Industrieproduktion zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammt. Wird Wasserstoff genutzt, muss er die Anforderungen an die EU-Taxonomie erfüllen. nh
Die CO₂-intensivsten Industrien in Deutschland sind die Eisen- und Stahlerzeugung, gefolgt von Zement- und Kalkproduktion sowie der Chemieindustrie. Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung “Dirty Thirty”, die das Öko-Institut mit der Umweltschutzorganisation WWF veröffentlicht hat. 30 Industrieanlagen machen in Deutschland zusammen acht Prozent der gesamten CO₂-Emissionen aus. Allein ThyssenKrupps Hüttenwerk in Duisburg emittierte 2022 knapp acht Millionen Tonnen CO₂. Insgesamt machte der Industriesektor ein Viertel der deutschen Treibhausgase im Jahr 2021 aus.
“Einzelne Unternehmen haben einen enormen Einfluss darauf, ob Deutschland seine Klimaziele erreichen kann”, schreiben die Autoren und weisen darauf hin, dass die “anstehenden großen Investitionszyklen jetzt genutzt werden müssen, um Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen”.
Es sei bereits klar, an welchen Stellschrauben gedreht werden müsse: Die Stahlproduktion sollte auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, die Zementindustrie müsse ihren Klinkeranteil im Zement reduzieren. Notwendig sei auch eine konsequente Kreislaufwirtschaft, eine nachhaltige öffentliche Beschaffung und ein zügiges Ende der Vergabe kostenloser Verschmutzungsrechte im Europäischen Emissionshandel. maw

In den vergangenen Jahren hat die Welt eine Reihe verheerender Klimakatastrophen erlebt. Schwere Stürme, beispiellose Hitzewellen und Waldbrände unterstreichen die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels. Küstenregionen erleben stärkere Stürme und einen Anstieg des Meeresspiegels, während das Landesinnere mit anhaltenden Dürren und Wasserknappheit konfrontiert ist.
Die Katastrophen verdeutlichen, wie sehr sich die Lage durch den globalen Temperaturanstieg verschlechtert hat. Die Folgen sind weltweit zu spüren. Dabei tragen die Entwicklungsländer eine unverhältnismäßig hohe Last in Bezug auf den Verlust von Menschenleben, Vertreibung, wirtschaftliche Störungen und ökologische Schäden.
Auf der COP27 in Sharm el Sheikh wurde die folgenreiche Entscheidung getroffen, einen neuen Fonds für Verluste und Schäden einzurichten, um die Auswirkungen des Klimawandels auf gefährdete Länder und Gemeinschaften anzugehen. Im Ergebnis des Gipfels wurde auch die Bedeutung von Finanzierungsmechanismen wie humanitärer Hilfe und weiterer bilateraler sowie multilateraler Finanzierung als Reaktion auf Klimakatastrophen gewürdigt.
Auf der COP27 wurde ebenfalls ein Übergangsausschuss (Transitional Committee) eingerichtet. Das Mandat der 24 Mitglieder, von denen zehn aus Industrie- und 14 aus Entwicklungsländern stammen: Sie sollen Empfehlungen abgeben, um sowohl die neuen Finanzierungsmechanismen als auch den Loss-and-Damage-Fonds zu operationalisieren. Diese Empfehlungen sollen dann auf der COP28 beraten und beschlossen werden. In die Arbeit des Ausschusses sollen Beiträge aus verschiedenen anderen Veranstaltungen einfließen. Unter ihnen ist auch der zweite Glasgow-Dialog während der Halbjahreskonferenz der UNFCCC in Bonn.
Es ist entmutigend zu sehen, wie bestimmte Parteien Finanzierungsvereinbarungen außerhalb der UNFCCC gegenüber der entscheidenden Operationalisierung des Loss and Damage Fonds durch die COP28 priorisieren. Diese enge Perspektive untergräbt den Ernst der Lage und die dringende Notwendigkeit umfassender Unterstützung.
Der UNFCCC-Synthesebericht hat den schwindelerregenden Finanzbedarf deutlich hervorgehoben. Er prognostiziert einen Bedarf von 290 bis 580 Milliarden US-Dollar bis 2030. Allein in den Entwicklungsländern wird er bis 2050 auf eine Billion US-Dollar ansteigen. Die Zahlen unterstreichen die erhebliche Finanzierungslücke bei der Bewältigung von Verlusten und Schäden. Eins ist wichtig anzuerkennen: Diese Situation ist auf die Untätigkeit, Obstruktion und Verzögerungstaktik zurückzuführen, die wohlhabendere Nationen in Bezug auf die Finanzierung von Verlusten und Schäden in den letzten Jahren angewandt haben.
Für die Zukunft ist es unerlässlich, dass wir mehr Ehrgeiz und Kreativität an den Tag legen. Wir müssen neue Lösungen entwickeln, die den Bedürfnissen der am stärksten gefährdeten Gemeinschaften angemessen gerecht werden. Unser Handeln sollte nicht durch den aktuellen Kontext oder die verfügbaren Ressourcen eingeschränkt werden. Stattdessen sollten sie von dem Imperativ angetrieben werden, die Rechte der vom Klimawandel Betroffenen zu schützen. Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, neue Systeme und Institutionen zu schaffen, um dieser Krise wirksam zu begegnen.
Die Operationalisierung des Verlust- und Schadensfonds muss sich an Prinzipien wie internationaler Zusammenarbeit und Solidarität, historischer Verantwortung, dem Vorsorgeprinzip – das besagt, dass die Menschen vor möglichen Risiken geschützt werden sollen, auch wenn nicht sicher ist, dass sie eintreten werden – und dem Verursacherprinzip orientieren.
Der Fonds sollte neue und zusätzliche, angemessene und berechenbare Finanzmittel bereitstellen, die den Bedürfnissen schutzbedürftiger Gemeinschaften und Länder gerecht werden. Er sollte der lokalen Eigenverantwortung Vorrang einräumen, Gender-Perspektiven berücksichtigen, eine gleichberechtigte Vertretung gewährleisten sowie öffentlich sein und auf Zuschüssen gründen. Er muss ausgewogen und umfassend sein – also die Auswirkungen von extremen Wetterereignissen ebenso abdecken wie die von Klimaveränderungen, die sich langsam entwickeln, ökonomische ebenso wie nicht-ökonomische Schäden und Verluste – und die Menschenrechte schützen.
Unser Ziel für die COP28 sollte über die bloße Schaffung oder Umbenennung von Institutionen zum Zwecke politischer Gewinne oder der Aufmerksamkeit der Medien hinausgehen. Wahrer Erfolg liegt in der Etablierung eines agilen und anpassungsfähigen Systems, das aus neuen Herausforderungen lernt, betroffene Gemeinschaften aktiv einbindet, bewährte Lösungen skaliert und bei Bedarf neue Ansätze entwickelt.
Die Zuweisung von Mitteln an den Fonds muss sich an der Größe des Bedarfs orientieren, den er decken soll. Öffentliche Mittel müssen als primäre Finanzierungsquelle dienen, ergänzt durch zusätzliche Wege wie die Umleitung von Subventionen für fossile Brennstoffe, die Einführung einer Abgabe auf die Förderung fossiler Brennstoffe und die Einführung progressiver Steuern auf Finanztransaktionen, Schifffahrt und Luftfahrt.
Und: Es ist von entscheidender Bedeutung, dass dieses System auf den Grundsätzen der Verantwortung und Rechenschaftspflicht gegenüber denjenigen aufbaut, die mit dem Klimanotstand konfrontiert sind.
Die Zeit läuft rapide ab. Das verlangt von uns, dass wir Selbstgefälligkeit und halbherzige Bemühungen kollektiv ablehnen. Die Einrichtung eines wirksamen Fonds für Verluste und Schäden ist keine Option, sondern ein moralischer und ein rechtlicher Imperativ. Lassen Sie uns diese Gelegenheit nutzen, um ein robustes System zu schaffen, das denjenigen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, die notwendige Unterstützung und den Schutz bietet. Unsere Reaktion muss die Dringlichkeit und den Ernst der Lage widerspiegeln. Und sie muss ein unerschütterliches Engagement für eine faire, gerechte, widerstandsfähige und nachhaltige Zukunft zeigen.
Harjeet Singh ist Head of Global Political Strategy beim Climate Action Network International (CAN)
es ist der große Knackpunkt der internationalen Klimapolitik: Fossile Energieträger dürfen nicht weiter verbrannt werden, wenn die Klimakrise gestoppt werden soll. Eine neue Studie zeigt aber: die Öl- und Gasländer investieren weiter in deren Förderung, Verbraucherländer erhöhen fossile Subventionen, statt sie zu kürzen. Das ist der Weg zu einer Erwärmung um 2,7 Grad, warnt der Bericht. Die COP28 droht zu scheitern, bevor sie überhaupt gestartet ist. Und dieser laute Alarm mit harscher Kritik am nächsten COP-Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate kommt nicht zufällig an dem Tag, an dem der designierte COP-Präsident Sultan Al Jaber Bonn besucht.
Auf der Bonner Klimakonferenz SB58 wird auch um Geld gerungen. Es geht um Milliarden für einen Loss-and-Damage-Fonds. Doch viele reiche Länder üben sich in einer “Verzögerungstaktik“, kritisiert Harjeet Singh von CAN International. Geizig sind die UN-Staaten auch bei der Finanzierung des UN-Klimasekretariats – obwohl es hier nur um vergleichsweise läppische 30 Millionen Euro geht. Weit größer sind die Summen bei der Klimakompensation, die reiche Industriestaaten für ihre historische Klimaschuld an Staaten des Globalen Südens zahlen müssten: 170 Billionen US-Dollar, zeigt eine neue Studie. Mehr Geld brauchen auch die Malediven, die mittlerweile neue Inseln aufschütten, um sich gegen das Untergehen zu stemmen, wie ihr EU-Botschafter im Interview erzählt.
Wir jedenfalls werden genau beobachten, was weiter in Bonn und anderswo passiert.
Beste Grüße!

Mit einem dringenden Aufruf zur Kursänderung und scharfer Kritik an den Ländern mit fossilen Rohstoffen hat sich auf der Bonner Klimakonferenz der “Climate Action Tracker” (CAT) in die Debatte um den Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle zu Wort gemeldet. Der CAT ist ein Projekt der Think-Tanks “Climate Analytics” und “New Climate Institute”, das regelmäßig die Klimapolitik der UN-Staaten bewertet. In seiner Zwischenbilanz “Countdown to COP28” kritisieren die Experten:
Die Studie wird am heutigen Donnerstag auf der Bonner Klimakonferenz SB58 vorgestellt und liegt Table.Media vorab vor. Für ihre Analyse haben Wissenschaftler die nationalen und globalen Trends bei CO₂-Emissionen, Investitionen und Politik-Entscheidungen mit den Erfordernissen abgeglichen, die die Wissenschaft an die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels stellt. Nach CAT-Berechnungen befindet sich die Welt bei absehbaren Emissionstrends auf dem Weg zu einem “katastrophalen” Temperaturanstieg von 2,7 Grad Celsius im Jahr 2100.
Hinter den Kulissen debattiert die Bonner Konferenz in diesen Tagen auch darüber, ob die COP28 in Dubai im Dezember den Ausstieg aus den fossilen Energien beschließen wird. Für die Klimaziele müssten die CO₂-Emissionen bis 2030 halbiert werden und “die Produktion von Öl und Gas letztlich ganz auslaufen”, wiederholen die Autoren den wissenschaftlichen Konsens. Schon vor zwei Jahren hat die Internationale Energieagentur IEA kalkuliert, dass für die Pariser Klimaziele keine neue Infrastruktur für Fossile gebaut werden darf.
Vor diesem Hintergrund kritisiert der aktuelle CAT-Bericht:
Der Bericht wendet sich auch gegen “Ablenkungen wie CCS” (Carbon Capture and Storage) und kritisiert konkret die Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als Gastgeber der COP28. Der designierte COP28-Präsident und Industrieminister der VAE, Sultan Al Jaber, strebt statt einem Aus für fossile Energie nur nach einem Aus für “Emissionen aus den Fossilen” und propagiert dafür die massive Ausweitung von Techniken wie CCS.
Am selben Tag, an dem al Jaber auf der Bonner Konferenz erwartet wird, erklärt nun CAT mit dem vorgelegten Bericht, CCS “spielt keine relevante Rolle bei der Dekarbonisierung des Energiesektors, weil erneuerbare Energie im Vergleich viel billiger ist und einen geringeren ökologischen Fußabdruck hat.” Und “die Aktion der VAE zur Unterstützung von Öl, Gas und CCS wecke ernste Zweifel an ihrer Eigenschaft, einen ehrgeizigen Deal auf der COP28 zu verhandeln. Die VAE verfolgen klar eine Agenda, die die Aufmerksamkeit vom Ausstieg aus den Fossilen ablenkt und wenn sie erfolgreich ist, Öl und Gasproduktion in großem Maßstab für die Zukunft festlegt.” So werde “die Möglichkeit vertan, bei der COP28 einen gerechten Ausstieg aus Öl und Gas zu verhandeln, der die dringende Notwendigkeit der Dekarbonisierung berücksichtigt.”
Der Bericht sieht auch positive Entwicklungen. So setze sich global der Ausstieg aus der Kohle durch und der Ausbau der erneuerbaren Energien gewinne an Tempo. Doch auch hier mahnt der CAT zu mehr Eile: Selbst ein erklärtes weltweites Ausbauziel für Erneuerbare von 1.000 Gigawatt jährlich bis 2030, das die IRENA ins Spiel gebracht hat und das unter anderem von der EU unterstützt wird, reiche nicht aus, es müsse “klar größer sein als 1 Terrawatt”.
Das bisherige System, so der Bericht, “funktioniert für die Reichen”: Die großen Öl- und Gaskonzerne hätten 2022 insgesamt 110 Milliarden Dollar für Dividenden und den Rückkauf von eigenen Aktien ausgegeben – mehr als die 100 Milliarden Dollar, die die Industriestaaten den armen Ländern für Klimahilfen versprochen und bisher nicht gehalten haben.
Weil aber gleichzeitig 2022 die globalen CO₂-Emissionen aus dem Energiesektor mit 36,8 Milliarden Tonnen einen neuen Höchststand erreicht haben, sei eine Trendwende bisher nicht in Sicht. “Der Zustand der globalen Klimapolitik”, schreiben die Autoren, “hat sich nicht groß verändert, seit UN-Generalsekretär auf der COP27 gewarnt hat, die Welt befinde sich auf dem Weg in die Klimahölle”.

Die Erwartungen an die nächste Weltklimakonferenz sind enorm. Das zeigt sich nicht zuletzt auf den derzeit stattfindenden Zwischenverhandlungen der UN-Klimarahmenkonvention in Bonn (SB58). Hier wird die COP28 vorbereitet, die Ende November in Dubai stattfinden wird. Doch bislang ist teilweise nicht klar, was überhaupt vorbereitet werden muss. Die Verhandlungen begann mit einem Streit über die Agenda, der bis dato noch nicht beigelegt wurde und es möglicherweise bis zum Ende der Konferenz auch nicht mehr wird.
In dem Disput geht es um eine Forderung der EU-Länder, das sogenannte Mitigation Work Programme, das den Pfad zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels festlegen soll, künftig auch auf den eher technischen und weniger politischen Verhandlungen in Bonn zu thematisieren. Der EU und anderen progressiven Staaten ist es ein Anliegen, die weltweiten Emissionsminderungen nicht nur einmal jährlich auf den COPs zu diskutieren.
Eine Staaten-Gruppe innerhalb der UN – die sogenannten Like-Minded Developing Countries, zu denen auch China, Indien und Saudi-Arabien gehören – lehnt das strikt ab. Offiziell aus formellen Gründen, doch dahinter steckt der ewige Streit darüber, ob die Industrienationen als Hauptverursacher des Klimawandels den Entwicklungsländern Vorschriften für CO₂-Minderungen machen sollten. Vor allem dann nicht, wenn mit neuen Minderungsvorgaben für Entwicklungsländer keine Finanzmittel zur Unterstützung einhergehen.
Wenn der designierte COP28-Präsident Sultan Ahmed Al Jaber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten am heutigen Donnerstag im World Conference Center in Bonn auftaucht, könnte er dabei helfen, den Streit beizulegen – obwohl noch nicht im Amt. Wenn er seine Prioritäten für COP28 klar benennt, könnte daraus auch abgeleitet werden, wie sich die Agenda in Bonn zusammensetzen muss, um die COP im Herbst hinreichend vorzubereiten.
Bislang ist keine öffentliche Rede Al Jabers in Bonn geplant, dafür aber ein Treffen mit Vertretern junger Klimaaktivisten. Dabei gibt es neben dem Agenda-Streit in Bonn weiteren Klärungsbedarf auf dem Weg zur COP28. Beim Petersberger Klimadialog Anfang Mai in Berlin überraschte Al Jaber mit seiner Aussage, man müsse sich auf den schrittweisen Ausstieg aus den “Emissionen fossiler Brennstoffe” konzentrieren – nicht den fossilen Brennstoffen selbst. Seitdem befürchten Verhandler und Umweltorganisationen, Al Jaber könnte die CO₂-Abscheidung, Speicherung und Nutzung (CCSU) in den Fokus seiner Bemühungen rücken und so den Ausstieg aus fossilen Energieträgern erheblich verwässern.
Nach einem Treffen Al Jabers gestern in Brüssel mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Green-Deal-Kommissar Frans Timmermans und Außenbeauftragten Josep Borrell ist kaum klarer geworden, wohin die Reise der Fossilen geht. Die COP28 solle “Fortschritte […] bei der Umstellung auf Energiesysteme frei von fossilen Brennstoffen ohne CCSU (unabated fossil fuels)” liefern, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der vier.
Es ist die Rückkehr zu einer Formulierung, wie sie auch die G7 verwenden und die ähnlich ist zu den Diskussionen vergangenes Jahr auf der COP27 in Sharm el-Sheikh. Dort hatten über 80 Länder einen Vorstoß Indiens unterstützt, alle fossilen Brennstoffe herunterzufahren. Auch die EU zählte zu den Unterstützern und will sich auch in Dubai weiter für den fossilen Ausstieg einsetzen. Dass der künftige COP-Chef sich nun einer solchen Formulierung anschließt, könnte ein Indiz dafür sein, dass die Positionen von Al Jaber und der EU nicht so weit auseinanderliegen wie gedacht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Laut Weltbank wird der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 voraussichtlich um 10 bis 100 Zentimeter ansteigen. Nach diesen Schätzungen könnten die Malediven vollständig überflutet werden. Wie bereitet sich Ihr Land darauf vor?
Im Jahr 2050 werden 80 Prozent der Malediven nicht mehr bewohnbar sein. Die Regierung der Malediven hat es sich zum Ziel gesetzt, neue Inseln zu schaffen, die vor dem Anstieg des Meeresspiegels und vor Tsunamis geschützt sind. Diese Inseln verfügen beispielsweise über einen starken Küstenschutz und liegen zwischen fünf und sechs Metern über dem mittleren Meeresspiegel.
Was ist der Zweck dieses neuen Inselprogramms?
Im Wesentlichen geht es darum, sicherere Lebensräume zu schaffen, da eine Bevölkerungskonsolidierung in diesen schwierigen Zeiten unvermeidlich ist. Wir erleben bereits die Abwanderung kleiner Populationen von ihren Heimatinseln in sicherere Gebiete.
Wie wollen Sie auf diesen neuen Inseln in Sachen Energie unabhängig sein?
Alle Inseln haben ihre eigene unabhängige Energieversorgung durch fossile Brennstoffe, hauptsächlich Dieselgeneratoren. Die Malediven planen, bis 2030 kohlenstoffneutral zu werden. Auf den Malediven gibt es jedoch nicht genügend Land oder Dachflächen, um Solaranlagen zu installieren. Die praktikablere Option sind schwimmende Solaranlagen, die in den zahlreichen flachen Lagunen der Malediven gut platziert werden könnten.
Diese Projekte müssen offensichtlich finanziert werden. Wie schwierig ist es, Zugang zur Klimafinanzierung zu erhalten?
Das größte Problem, mit dem wir im Moment konfrontiert sind, ist der Mangel an Informationen. Genauer gesagt sind es die bestehenden Lücken bei der Verfolgung der Klimafinanzierung und der Berichterstattung, die einen besseren Zugang zur Klimafinanzierung erschweren. Außerdem muss die Abgrenzung zwischen der Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsprojekten klarer werden.
Wie lässt sich das konkret umsetzen?
Die Malediven erhalten mehr Mittel für den Klimaschutz als für die Anpassung an den Klimawandel, obwohl unsere CO₂-Emissionen gering sind und wir dringend Mittel für die Anpassung benötigen. 71 Prozent der Gesamtsumme sind für den Klimaschutz bestimmt, 23 Prozent für die Anpassung und sechs Prozent sind bereichsübergreifend. Von den 200 Millionen US-Dollar, die die Malediven für den Klimaschutz erhalten, sind 80 Millionen als Zuschüsse und weitere 80 Millionen als Darlehen vorgesehen. Im Vergleich dazu erhalten die Malediven für die Anpassung 70 Millionen Dollar als Zuschüsse und zehn Millionen Dollar als Darlehen.
Was wäre dann Ihrer Meinung nach erforderlich, um einen besseren Zugang zur Klimafinanzierung zu erhalten?
Wir brauchen eine bessere Datenerfassung. Zum Beispiel eine verbesserte Berichterstattung über Mitigation und Adaptation sowie verbesserte Mechanismen zur Verfolgung der finanziellen Unterstützung, die wir erhalten haben und die wir brauchen. Wir brauchen auch Daten über die Bodenerosion, den Anstieg des Meeresspiegels und die Gesundheitsrisiken. Die derzeitigen Datenerfassungsmechanismen sind unzureichend, was Risikobewertungen und Vorhersagen sehr schwierig macht. Und wir brauchen unbedingt Kapazitäten und technische Hilfe von Gebern, Entwicklungsagenturen und NGOs.
Würde der “Loss and Damage”-Fonds den Zugang zur Klimafinanzierung verbessern?
Ja, das wird er sicherlich. Die gute Nachricht ist, dass Umfragen zeigen, dass selbst künftige Generationen in Europa und der westlichen Welt, die wahrscheinlich stark von der Klimakrise betroffen sein werden, die Idee von Entschädigungszahlungen für die Folgen des Klimawandels zu unterstützen scheinen. Wie der Fonds und andere Regelungen zur Finanzierung von Schäden und Verlusten in vollem Umfang umgesetzt werden sollen, muss noch ausgearbeitet werden, aber eines ist klar: Er wird auch 2023 ein wichtiger Bestandteil der internationalen Klimaagenda sein.
5. bis 14. Juni, Washington/Online
Konferenz The Transatlantic Climate Bridge Conference 2023
Die Transatlantic Climate Bridge Konferenz 2023 diskutiert über die Zukunft des transatlantischen Klimaschutzes zwischen den Vereinigten Staaten, Kanada und Deutschland. Die Teilnehmer fokussieren sich dabei auf die Schlüsselrolle der subnationalen Akteure für den Klimaschutz. Im Zentrum steht beispielsweise die Frage, wie Partnerschaften zwischen Städten, Staaten und Regierungen über den Atlantik hinweg gestärkt werden können. Infos
5. bis 15. Juni, Bonn
Konferenz Bonn Climate Change Conference
Die Konferenz des UNFCCC (SB58) ist die Vorbereitungskonferenz für die COP im November in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Climate.Table ist vor Ort und berichtet mit Sonderausgaben, in unserer Ausgabe vom vergangenen Montag finden Sie einen Überblick, über interessante Side-Events. Infos
8. Juni, 9.30 Uhr, Online
Webinar Education for a Sustainable Future – Empowering Individuals to Tackle Climate Change
Bildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung des Klimawandels. Zu den Möglichkeiten, wie Bildung zur Bewältigung des Klimawandels beitragen kann, gehören Klimakompetenz, Ausbildung in grünen Kompetenzen und Gemeinschaftsbildung. Auf dem Event von Euractiv wird darüber diskutiert, wie Klima- und Nachhaltigkeitsbildung gestärkt werden können. Infos
8. Juni, 19 Uhr, Hamburg
Workshop Her mit den guten Ideen: Wie schonen wir Ressourcen?
Plastikmüll vermeiden, CO₂ einsparen, Konsum reduzieren – wie kann man ressourcenschonender leben? Drei Start-ups stellen ihre Geschäftsideen für besseres Wirtschaften vor. Mit Umweltsenator Jens Kerstan diskutieren die Gründerinnen und Gründer Nachhaltigkeitsziele und soziale Innovationen für Hamburg. Infos
12. Juni, 10 Uhr, Bonn
Diskussion Linking Loss and Damage to Conflict Affected and Fragile Settings
Der Klimawandel ist ein Risikomultiplikator für die nachhaltige Entwicklung, speziell in fragilen und von Konflikten betroffenen Staaten. Dort sind die Lebensgrundlagen der Schwächsten bedroht und soziale Ungleichheiten nehmen zu. Parallel zur Klimakonferenz in Bonn diskutiert das German Institute of Development and Sustainability darüber. Infos
12. Juni, 13 Uhr, Online
Konferenz Vom Planen zum Handeln: Wie kann die Mobilitätswende beschleunigt werden
Die Konferenz von Agora Verkehrswende nimmt die Stadt als Ort der Verkehrswende in den Blick, beispielhaft wird auf Hamburg geschaut. Wie lassen sich die Verkehrsströme mit Mobilitätsmanagement nachhaltig gestalten – auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit, insbesondere auch am Stadtrand und im ländlichen Raum? Infos
13. bis 14. Juni, Berlin/Online
Symposium Energieforschung vernetzt
Während des ersten Symposiums der Forschungsnetzwerke Energie tauschen sich Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Energieforschung aus. Eingeleitet wird die Konferenz mit einem Beitrag zur Neuausrichtung und den zukünftigen Schwerpunkten der Energieforschung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Infos
14.-15. Juni, Berlin
Kongress Wir sichern Energie
Der Kongress des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) steht unter dem Motto “Wir sichern Energie”. Auf dem größten Branchentreffen Deutschlands will der Verband mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft eine Standortbestimmung vornehmen. Infos
14.-15. Juni, Berlin
Konferenz European Economic Conference – The transformation of Europe
Europa ist ein Versprechen – für Vielfalt, gemeinsame Stärke und vor allem Freiheit. Wie kann dieses Versprechen für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft dauerhaft eingelöst werden? Das will die Frankfurter Allgemeine Zeitung zum Leitfaden ihrer Konferenz machen, auf der es auch um die Herausforderungen für Europa durch die Klimakrise geht. Infos
15. Juni, 16 Uhr, Berlin
Diskussion Climate change and disinformation
Falschinformation rund um das Thema Klimaschutz mehr sich. In der Debatte des Institutes für Europäische Politik geht es darum, wie man dieses Problem angehen kann. Infos
Auf der Bonner Klimakonferenz SB58 wird auch über ein globales Ziel für den Ausbau der Erneuerbaren und eine Absenkung der Nutzung fossiler Energieträger debattiert. Vor allem um den Rückbau der Fossilen gibt es harte Verhandlungen mit großen Interessengegensätzen. Die praktische Umsetzung in den einzelnen Staaten wird noch schwieriger. Aktuell geht der Trend bei der Energiewende zwar in die richtige Richtung, aber noch viel zu langsam, wie Daten des Think-Tanks Ember zeigen:

Zwar werden die Erneuerbaren schneller ausgebaut und verdrängen Kohle aus dem Strommix. Allerdings wird der Fortschritt in großen Schwellenländern teilweise von einer Zunahme des Energieverbrauchs aufgezehrt. In China und Indien nahm der Anteil der Kohle am Strommix zwar ab, aber insgesamt wurde in diesen Staaten im Jahr 2022 mehr Strom aus Kohle erzeugt als noch 2015. Und Indonesien, Russland und die Türkei setzen weiterhin stark auf die Kohle. Laut Ember gibt es aber auch für diese Staaten Anzeichen für einen baldigen Höchstwert (“Peak”) bei den Kohleemissionen. nib
In der Frage, wo die COP29 im Jahr 2024 stattfinden soll, blockieren sich die entscheidenden Staaten derzeit gegenseitig. Durch die Konfrontation zwischen Russland und der EU ist derzeit völlig unklar, wer und ob ein Land aus Osteuropa der übernächste Gastgeber wird. Eigentlich sollte darüber bei der Konferenz in Bonn entschieden werden.
Lange galt Tschechien als heißer Gastgeber-Kandidat. Nun hat das Land seine Kandidatur zurückgezogen. Aus Kapazitätsgründen, heißt es aus Verhandlungskreisen.
Die osteuropäische Regionalgruppe der UN ist turnusgemäß an der Reihe für die Austragung der COP29. Im Rennen sind noch Bulgarien, Armenien und Aserbaidschan. Alle drei haben in Bonn am Dienstag hinter verschlossenen Türen ihre Konzepte präsentiert. Die Osteuropäer treffen diese Entscheidung im Konsens und unter sich. Einen eindeutigen Favoriten gibt es offenbar noch nicht.
Die Entscheidung leidet unter den geopolitischen Spannungen: Die EU-Länder der Osteuropa-Gruppe unterstützen – wenig überraschend – Bulgarien. Doch Russland, das auch Teil der Gruppe ist, hatte schon zuvor angekündigt, jeden EU-Kandidaten zu blockieren. Zwar will die EU die anderen beiden Kandidaten nicht prinzipiell blockieren, heißt es aus Verhandlerkreisen. Aber Brüssel will sich auch nicht von Russland erpressen lassen. Dennoch wachsen die Chancen für Armenien und Aserbaidschan. Allerdings tobt zwischen beiden Ländern ein jahrzehntealter Konflikt über die Region Bergkarabach.
Nun ist es an den Vorsitzenden der Osteuropa-Gruppe (Albanien und Slowenien), den Prozess zu moderieren und im Laufe der SB58 zu einer Einigung zu kommen, die schließlich auf der COP28 in Dubai offiziell verkündet werden soll. Sollte es keine Einigung geben, könnte die Osteuropa-Gruppe im Turnus der Konferenzen übersprungen werden, schlagen Beobachter vor. Da Brasilien für die COP30 bereits in den Startlöchern als Vertreter Südamerikas steht, wären 2024 dann “Westeuropa und Weitere” wieder an der Reihe. Die Gruppe ist eigentlich erst 2026 zur COP31 dran.
Australien (gemeinsam mit einem pazifischen Inselstaat) und die Türkei, die offiziell zur “Westeuropa”-Gruppe gehören, haben bereits öffentlich Interesse bekundet. Australien erhält zudem Unterstützung für die Kandidatur aus der Schweiz, den USA und von Kanada. Es wäre daher möglich, dass eines der beiden Länder seine Kandidatur auf 2024 vorzieht, während das andere zwei Jahre später dran ist. Australien hatte mit seiner neuen Regierung, die Klimaschutz als Priorität sieht, schon vergangenes Jahr eine Kandidatur für die COP29 in Betracht gezogen. luk
Im Haushalt des Klimasekretariats der UNFCCC klafft ein großes Loch: Der UN-Organisation fehlen derzeit etwa 30 Millionen Euro, sagte Exekutivdirektor Simon Stiell bei der Eröffnung der Klimakonferenz SB58 am Montag. Auf dem Treffen in Bonn soll das zweijährige Budget für 2024 und 2025 beraten und beschlossen werden. Es hat ursprünglich einen Gesamtumfang von etwa 320 Millionen Euro und umfasst etwa 650 Stellen. Doch inzwischen sind nach internen UN-Angaben 140 der knapp UNFCCC-200 Staaten mit ihren freiwilligen Zahlungen, die nach ihrer Wirtschaftskraft berechnet werden, im Rückstand – teilweise mit Millionenbeträgen.
Das Budget des Sekretariats stammt jeweils etwa zur Hälfte aus den Zuwendungen der Staaten und aus anderen Quellen wie Gebühren oder Fonds der internationalen Klimafinanzierung. Stiells Verwaltung legte der Konferenz nun drei mögliche Varianten für den neuen Haushalt vor:
Viele Staaten knausern mit ihren Zuwendungen an das Sekretariat, das den Prozess der UN-Konferenzen und der gesamten Klima-Diplomatie organisiert. Eine Übersicht über die Beiträge zum Kern-Budget des UNFCCC für 2023 zeigt, dass von den eigentlich erwarteten fast 27 Millionen Zuschüssen etwa 14 Millionen nicht gezahlt wurden. Größter säumiger Zahler sind schon traditionell die USA, die statt der erwarteten 5,7 Millionen Euro nichts gezahlt haben, und China, das für 2023 ebenfalls seine Gesamtsumme von 4,6 Millionen nicht überwiesen hat.
Die Zahlen aus einem zusätzlichen Budget, das insgesamt bis zu zwei Drittel des UNFCCC-Haushalts ausmacht, werden derzeit von der UN nicht veröffentlicht. Eine Debatte der Zahlen könnte wohl die laufenden Verhandlungen gefährden, heißt es.
Weitere große Schuldner im Kern-Budget sind Länder wie Indien, Russland, Saudi-Arabien, Südkorea und Brasilien. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate, immerhin Gastgeber der COP28, haben in diesem Jahr noch nichts zum Kernbudget beigetragen und sind mit knapp 200.000 Euro im Rückstand. Die europäischen Länder dagegen haben ihre Beiträge entrichtet.
Die schlechte Zahlungsmoral für die Klimadiplomatie hat bei den UN-Staaten lange Tradition. Bereits 2019 belief sich die Finanzierungslücke des Sekretariats auf etwa 16 Millionen Euro. bpo
Um ihre übermäßigen Treibhausgasemissionen zu kompensieren, müssten die Industriestaaten des Nordens Ausgleichszahlungen in Höhe von 170 Billionen US-Dollar an die Länder des Globalen Südens leisten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschergruppe um Andrew Fanning von der britischen Universität Leeds. Ihre Studie ist am Montag in der Fachzeitschrift Nature Sustainability erschienen.
Für ihre Berechnungen gingen die Wissenschaftler davon aus, dass die Erdatmosphäre eine Ressource ist, die allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung steht. “Es ist eine Frage der Klimagerechtigkeit, dass die Länder, von denen wir eine rasche Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft verlangen, obwohl sie nicht für die übermäßigen Emissionen verantwortlich sind, die das Klima destabilisieren, für diese ungerechte Belastung entschädigt werden”, sagt Fanning.
Das Forscherteam hat mithilfe von Daten des Weltklimarats (IPCC) die historischen CO₂-Emissionen seit 1960 mit den zu erwartenden Emissionen bis 2050 verrechnet. So konnte für jedes Land auf Basis der Bevölkerungszahl ermittelt werden, wie viel CO₂ es in diesen 90 Jahren insgesamt ausstoßen darf, um einen fairen Anteil am globalen Kohlenstoffbudget zu erhalten. Zudem gingen die Forscher davon aus, dass sich alle Staaten tatsächlich an das Ziel halten, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und im Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Demnach dürfen insgesamt noch 1,8 Billionen Tonnen CO₂ emittiert werden.
Aus dem 1,5-Grad-Ziel ergaben sich auch die CO₂-Vermeidungskosten und aus diesen wiederum der CO₂-Preis, mit dem die Forschergruppe kalkulierte. Der Studie zufolge müssten die USA mit rund 80 Billionen US-Dollar die höchsten Ausgleichszahlungen leisten. Die EU inklusive Großbritannien käme auf 46 Billionen US-Dollar. Die Belastung für Deutschland würde sich bis 2050 auf 4.619 Euro pro Kopf und Jahr belaufen. Das wäre der zweithöchste Wert nach den USA. Es folgen Russland, Großbritannien und Japan. Indien hingegen hätte als größter Nutznießer Anspruch auf Zahlungen in Höhe von 57 Billionen US-Dollar. An zweiter Stelle läge China mit 15 Billionen US-Dollar. Es folgen Indonesien, Pakistan und Nigeria.
Die Studie aus Leeds ist nicht die erste, die sich mit der Frage befasst, welche Ausgleichszahlungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel angemessen wären. Doch während das Team um Fanning auf der Grundlage des (in einer 1,5-Grad-Welt) noch verfügbaren Emissionsbudgets argumentiert, fragen andere Forscher beispielsweise nach der Verantwortung für Klimaschäden. Ein Kommentar in der Fachzeitschrift “One Earth” kam kürzlich zu dem Schluss, dass die Ölkonzerne Saudi Aramco, ExxonMobil, Shell und BP die höchsten Reparationen für Klimaschäden zahlen müssten. ch/ae
Das siebte Ziel für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goal, SDG) – der Zugang aller Menschen zu sauberer, verlässlicher und bezahlbarer Energie bis 2030 – könnte verfehlt werden. Das geht aus einem neuen Bericht der Weltbank, der IRENA, der IEA und anderer Organisationen hervor. Demnach würden bis 2030 weiterhin 660 Millionen Menschen ohne Stromzugang und 1,9 Milliarden ohne Zugang zu sauberen Kochmöglichkeiten seien.
Zwar gab es in einigen Teilbereichen Fortschritte. Doch die Geschwindigkeit ist zu gering, um das gesamte SDG bis 2030 zu erreichen. 2021 hatten 91 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zu Strom. 2010 lag die Zahl noch bei 84 Prozent. 567 Millionen Menschen in Afrika haben jedoch weiterhin keinen Zugang – dieses Problem blieb demnach gegenüber 2010 nahezu unverändert.
Die Energieintensität des globalen Wachstums hat sich demnach zwischen 2010 und 2020 pro Jahr um 1,8 Prozent verbessert. Im Jahrzehnt davor waren es lediglich 1,2 Prozent. Allerdings bräuchte es Effizienz-Verbesserungen von 3,4 Prozent pro Jahr, um das Teilziel zur Energieeffizienz noch zu erreichen.
Schon vor der Pandemie begannen die internationalen, öffentlichen Finanzströme zum Ausbau einer sauberen Energieversorgung zurückzugehen, so die IRENA. 2021 wurden gut elf Milliarden US-Dollar bereitgestellt – 35 Prozent weniger als im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019. Die Finanzierung sei zudem auf eine kleine Anzahl von Ländern beschränkt: Im Jahr 2021 entfielen 80 Prozent auf 19 Staaten. Der Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken ist deshalb ins Stocken geraten. Ein weiterer Grund liegt im Rückzug von privatem Kapital aus diesen Ländern. nib
Der Klimawandel ist einer neuen Studie zufolge so stark fortgeschritten, dass es schon in naher Zukunft eine eisfreie Arktis im Sommer geben könnte. Das wäre eine deutlich schnellere Entwicklung als bisher angenommen: Noch 2021 war der 6. IPCC-Sachstandsbericht davon ausgegangen, dass bei einer raschen Emissionsminderung und einer Erderwärmung unter 2 Grad das Sommereis rund um den Nordpol erhalten bleiben könnte.
Die neue Studie, die im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht wurde, geht nun davon aus, dass selbst in einem Szenario mit niedrigen Emissionen die Sommer in der Arktis eisfrei werden. Demnach könnten die ersten eisfreien September bereits in den 2030er Jahren stattfinden.
Das schneller schmelzende Eis in der Arktis hat Auswirkungen und Rückkopplungseffekte auf das weltweite Klima: Durch die eisfreie, dunklere Oberfläche erwärmt sich der Ozean schneller, das führt zu einer Abschwächung des Jetstreams, woraus mehr Extremwetterereignisse in Europa, Nordamerika und Asien entstehen.
Dafür, wie dieser Teufelskreis Fahrt aufnimmt, gibt es immer mehr wissenschaftliche Nachweise. Der Copernicus Climate Change Service (C3S) berichtet aktuell beispielsweise, dass die Oberflächentemperatur der Ozeane in diesem Jahr einen Rekordwert für Mai erreichte. Gleichzeitig steigt auch die Konzentration von Treibhausgaben in der Atmosphäre weiter an. Die Universität von Kalifornien in San Diego vermeldete Anfang der Woche einen neuen Rekordwert mit einer CO₂-Konzentration von 424,5 ppm. kul
Rund 66 Gigawatt (GW) an Wind- und Solarprojekten befinden sich in Südafrika in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Rund 18 GW davon sind bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Das bedeutet, dass die nötigen Umweltgenehmigungen vorliegen und Machbarkeitsstudien durchgeführt wurden. Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung “2023 South African Renewable Energy Grid Survey” des Stromversorgers Eskom und der südafrikanischen Wind- und Photovoltaikverbände.
Die Projekte im fortgeschrittenen Stadium könnten innerhalb der kommenden drei Jahre in Betrieb gehen. Außerdem sollen laut der Untersuchung rund 19 GW der Solar- und 7,5 GW der Windprojekte mit Batteriespeichern gekoppelt werden.
Südafrikas Energieversorgung ist aktuell sowohl unzuverlässig – größere Stromausfälle häufen sich – als auch sehr stark abhängig von fossiler Energie, besonders von Kohle. 2021 wurden lediglich vier Prozent des Energiebedarfs und neun Prozent des Strombedarfs durch Erneuerbare gedeckt. kul
Seit Dienstag können Unternehmen Pläne zur Dekarbonisierung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einreichen, wenn sie einen Klimaschutzvertrag mit dem Bund abschließen wollen. Dieses “vorbereitende Verfahren” endet in zwei Monaten. Im Winter soll dann ein “Gebotsverfahren” folgen, an dem nur Firmen teilnehmen können, die jetzt im Sommer ihre Pläne übermitteln. Ende des Jahres will der Bund über die Zuschläge entscheiden. Noch hat die EU das Instrument beihilferechtlich nicht genehmigt, eine grundsätzliche Zustimmung gebe es aber, so Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Mit Klimaschutzverträgen will das BMWK Unternehmen finanziell unterstützen, die ihre CO₂-intensiven Prozesse auf erneuerbare Energie umstellen – etwa in der Stahl-, Zement-, Papier- oder Glasindustrie. Klimaschutzverträge sollen Unternehmen gegen Preisschwankungen von Energieträgern wie Wasserstoff absichern und die Anschubfinanzierung gewährleisten. Insgesamt soll ein mittlerer zweistelliger Milliardenbetrag zur Verfügung stehen. Reuters berichtet unter Berufung auf Regierungskreise von bis zu 50 Milliarden Euro. Wie hoch die Summe wird, hängt von der Haushaltsplanung des Bundes ab – noch laufen die Verhandlungen.
Klimaschutzverträge funktionieren wie folgt: Die Unternehmen kalkulieren, wie viel die Dekarbonisierung ihrer Prozesse pro Tonne CO₂ kostet. Diesen Betrag reichen sie später in diesem Jahr als Gebot beim BMWK ein. Die Unternehmen, die ihre Prozesse am günstigsten umstellen können, bekommen den Zuschlag. Die über 15 Jahre laufenden Verträge garantieren dem Unternehmen, dass der Staat die für Investition und Betrieb anfallenden Mehrkosten für die klimafreundlicheren Prozesse übernimmt. Wird die konventionelle Art zu produzieren im Zeitverlauf teurer als die klimafreundlichere, kehrt sich die Zahlungsrichtung um – dann zahlt das Unternehmen an den Staat.
Laut des überarbeiteten Entwurfs der Förderrichtlinie können Unternehmen profitieren, die Anlagen mit einem CO₂-Ausstoß von mindestens zehn Kilotonnen betreiben. Eine Bewerbung von verschiedenen Unternehmen mit mehreren Anlagen als Konsortium ist möglich. Zwingende Voraussetzung ist, dass Strom zur Industrieproduktion zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammt. Wird Wasserstoff genutzt, muss er die Anforderungen an die EU-Taxonomie erfüllen. nh
Die CO₂-intensivsten Industrien in Deutschland sind die Eisen- und Stahlerzeugung, gefolgt von Zement- und Kalkproduktion sowie der Chemieindustrie. Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung “Dirty Thirty”, die das Öko-Institut mit der Umweltschutzorganisation WWF veröffentlicht hat. 30 Industrieanlagen machen in Deutschland zusammen acht Prozent der gesamten CO₂-Emissionen aus. Allein ThyssenKrupps Hüttenwerk in Duisburg emittierte 2022 knapp acht Millionen Tonnen CO₂. Insgesamt machte der Industriesektor ein Viertel der deutschen Treibhausgase im Jahr 2021 aus.
“Einzelne Unternehmen haben einen enormen Einfluss darauf, ob Deutschland seine Klimaziele erreichen kann”, schreiben die Autoren und weisen darauf hin, dass die “anstehenden großen Investitionszyklen jetzt genutzt werden müssen, um Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen”.
Es sei bereits klar, an welchen Stellschrauben gedreht werden müsse: Die Stahlproduktion sollte auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, die Zementindustrie müsse ihren Klinkeranteil im Zement reduzieren. Notwendig sei auch eine konsequente Kreislaufwirtschaft, eine nachhaltige öffentliche Beschaffung und ein zügiges Ende der Vergabe kostenloser Verschmutzungsrechte im Europäischen Emissionshandel. maw

In den vergangenen Jahren hat die Welt eine Reihe verheerender Klimakatastrophen erlebt. Schwere Stürme, beispiellose Hitzewellen und Waldbrände unterstreichen die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels. Küstenregionen erleben stärkere Stürme und einen Anstieg des Meeresspiegels, während das Landesinnere mit anhaltenden Dürren und Wasserknappheit konfrontiert ist.
Die Katastrophen verdeutlichen, wie sehr sich die Lage durch den globalen Temperaturanstieg verschlechtert hat. Die Folgen sind weltweit zu spüren. Dabei tragen die Entwicklungsländer eine unverhältnismäßig hohe Last in Bezug auf den Verlust von Menschenleben, Vertreibung, wirtschaftliche Störungen und ökologische Schäden.
Auf der COP27 in Sharm el Sheikh wurde die folgenreiche Entscheidung getroffen, einen neuen Fonds für Verluste und Schäden einzurichten, um die Auswirkungen des Klimawandels auf gefährdete Länder und Gemeinschaften anzugehen. Im Ergebnis des Gipfels wurde auch die Bedeutung von Finanzierungsmechanismen wie humanitärer Hilfe und weiterer bilateraler sowie multilateraler Finanzierung als Reaktion auf Klimakatastrophen gewürdigt.
Auf der COP27 wurde ebenfalls ein Übergangsausschuss (Transitional Committee) eingerichtet. Das Mandat der 24 Mitglieder, von denen zehn aus Industrie- und 14 aus Entwicklungsländern stammen: Sie sollen Empfehlungen abgeben, um sowohl die neuen Finanzierungsmechanismen als auch den Loss-and-Damage-Fonds zu operationalisieren. Diese Empfehlungen sollen dann auf der COP28 beraten und beschlossen werden. In die Arbeit des Ausschusses sollen Beiträge aus verschiedenen anderen Veranstaltungen einfließen. Unter ihnen ist auch der zweite Glasgow-Dialog während der Halbjahreskonferenz der UNFCCC in Bonn.
Es ist entmutigend zu sehen, wie bestimmte Parteien Finanzierungsvereinbarungen außerhalb der UNFCCC gegenüber der entscheidenden Operationalisierung des Loss and Damage Fonds durch die COP28 priorisieren. Diese enge Perspektive untergräbt den Ernst der Lage und die dringende Notwendigkeit umfassender Unterstützung.
Der UNFCCC-Synthesebericht hat den schwindelerregenden Finanzbedarf deutlich hervorgehoben. Er prognostiziert einen Bedarf von 290 bis 580 Milliarden US-Dollar bis 2030. Allein in den Entwicklungsländern wird er bis 2050 auf eine Billion US-Dollar ansteigen. Die Zahlen unterstreichen die erhebliche Finanzierungslücke bei der Bewältigung von Verlusten und Schäden. Eins ist wichtig anzuerkennen: Diese Situation ist auf die Untätigkeit, Obstruktion und Verzögerungstaktik zurückzuführen, die wohlhabendere Nationen in Bezug auf die Finanzierung von Verlusten und Schäden in den letzten Jahren angewandt haben.
Für die Zukunft ist es unerlässlich, dass wir mehr Ehrgeiz und Kreativität an den Tag legen. Wir müssen neue Lösungen entwickeln, die den Bedürfnissen der am stärksten gefährdeten Gemeinschaften angemessen gerecht werden. Unser Handeln sollte nicht durch den aktuellen Kontext oder die verfügbaren Ressourcen eingeschränkt werden. Stattdessen sollten sie von dem Imperativ angetrieben werden, die Rechte der vom Klimawandel Betroffenen zu schützen. Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, neue Systeme und Institutionen zu schaffen, um dieser Krise wirksam zu begegnen.
Die Operationalisierung des Verlust- und Schadensfonds muss sich an Prinzipien wie internationaler Zusammenarbeit und Solidarität, historischer Verantwortung, dem Vorsorgeprinzip – das besagt, dass die Menschen vor möglichen Risiken geschützt werden sollen, auch wenn nicht sicher ist, dass sie eintreten werden – und dem Verursacherprinzip orientieren.
Der Fonds sollte neue und zusätzliche, angemessene und berechenbare Finanzmittel bereitstellen, die den Bedürfnissen schutzbedürftiger Gemeinschaften und Länder gerecht werden. Er sollte der lokalen Eigenverantwortung Vorrang einräumen, Gender-Perspektiven berücksichtigen, eine gleichberechtigte Vertretung gewährleisten sowie öffentlich sein und auf Zuschüssen gründen. Er muss ausgewogen und umfassend sein – also die Auswirkungen von extremen Wetterereignissen ebenso abdecken wie die von Klimaveränderungen, die sich langsam entwickeln, ökonomische ebenso wie nicht-ökonomische Schäden und Verluste – und die Menschenrechte schützen.
Unser Ziel für die COP28 sollte über die bloße Schaffung oder Umbenennung von Institutionen zum Zwecke politischer Gewinne oder der Aufmerksamkeit der Medien hinausgehen. Wahrer Erfolg liegt in der Etablierung eines agilen und anpassungsfähigen Systems, das aus neuen Herausforderungen lernt, betroffene Gemeinschaften aktiv einbindet, bewährte Lösungen skaliert und bei Bedarf neue Ansätze entwickelt.
Die Zuweisung von Mitteln an den Fonds muss sich an der Größe des Bedarfs orientieren, den er decken soll. Öffentliche Mittel müssen als primäre Finanzierungsquelle dienen, ergänzt durch zusätzliche Wege wie die Umleitung von Subventionen für fossile Brennstoffe, die Einführung einer Abgabe auf die Förderung fossiler Brennstoffe und die Einführung progressiver Steuern auf Finanztransaktionen, Schifffahrt und Luftfahrt.
Und: Es ist von entscheidender Bedeutung, dass dieses System auf den Grundsätzen der Verantwortung und Rechenschaftspflicht gegenüber denjenigen aufbaut, die mit dem Klimanotstand konfrontiert sind.
Die Zeit läuft rapide ab. Das verlangt von uns, dass wir Selbstgefälligkeit und halbherzige Bemühungen kollektiv ablehnen. Die Einrichtung eines wirksamen Fonds für Verluste und Schäden ist keine Option, sondern ein moralischer und ein rechtlicher Imperativ. Lassen Sie uns diese Gelegenheit nutzen, um ein robustes System zu schaffen, das denjenigen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, die notwendige Unterstützung und den Schutz bietet. Unsere Reaktion muss die Dringlichkeit und den Ernst der Lage widerspiegeln. Und sie muss ein unerschütterliches Engagement für eine faire, gerechte, widerstandsfähige und nachhaltige Zukunft zeigen.
Harjeet Singh ist Head of Global Political Strategy beim Climate Action Network International (CAN)