Geelys Pläne mit Volvo + Webasto-Chef Holger Engelmann im Interview
Li Shufus Pläne für Volvo
Interview: Webasto-Chef Holger Engelmann fürchtet “ökonomisches Long Covid”
Sinolytics.Radar: Abweichende Standards führen zu höheren Kosten
Xpeng glänzt mit starken Zahlen
Byton geht das Geld aus
Flugbehörde schränkt China-Verbindungen weiter ein
Personalien: China-Chef Troska rückt in Daimler-Vorstand auf
Liebe Leserin, lieber Leser,
gefühlt noch vor gar nicht so langer Zeit waren die Autos von Geely noch piefige Kleinwagen, die so klapprig wirkten, als würden sie nicht einmal den Elchtest bestanden. Heute ist Geely einer der ambitioniertesten Elektro-Hersteller der Welt – und Mutterkonzern von Volvo. Nun hat Geely die schwedische Traditionsmarke wieder an die Börse gebracht. Volvo, wie wir sie kennen, wird sich stark verändern, weil ihr chinesischer Besitzer weitreichende Pläne mit der Marke hat, schreibt Christiane Kühl in ihrer Analyse.
Vor gut zwei Jahren war der Autozulieferer Webasto das erste Unternehmen in Deutschland, das von einem Corona-Fall getroffen wurde. Damals herrschte große Aufregung, doch im Gesamtbild der Pandemie erwies sich das Ereignis als bloße Episode, die heute schon fast wieder vergessen ist.
Im Interview mit China.Table spricht nun der Vorstandsvorsitzende von Webasto, Holger Engelmann, nun über die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Engelmann fürchtet aus mehreren Gründen für die Nach-Corona-Phase ein “wirtschaftliches Long Covid”. Mangel an Fachkräften, Rohstoffen oder Halbleitern werden die Unternehmen noch eine Weile bremsen, sagt er gegenüber Marcel Grzanna. Für China hegt Engelmann sogar Gedankenspiele für abgekoppelte Kreisläufe, da auch Peking seinen Lehren aus der Krise gezogen hat.
Am Ende lief es gar nicht so schlecht. Die Aktien des schwedischen Autobauers Volvo legten am Freitag beim Börsendebüt in Stockholm um gut 22 Prozent zu. Das war nicht unbedingt zu erwarten, nachdem einige Stolpersteine den Gang aufs Börsenparkett gepflastert hatten. Investoren klagten über einen zu hohen Aktienpreis und über zu großen Einfluss der chinesischen Konzernmutter Geely.
Um die Erstnotierung nicht zu gefährden, musste Geely zustimmen, seine erweiterten Stimmrechte aufzugeben. Diese hätten der Firma des umtriebigen Automanagers und Geely-Gründers Li Shufu 98 Prozent aller Aktionärsstimmen eingeräumt. Und das obwohl Geelys Aktienanteil durch den Börsengang auf rund 84 Prozent gesunken ist. Auch musste Volvo den Ausgabepreis und damit die Marktkapitalisierung senken und das Debüt um einen Tag schieben.
Und dennoch reichte es laut Reuters zur größten Neuemission des Jahres in Europa.Das Geld will Volvo nun vor allem für den Ausbau der Elektromobilität nutzen. Ab 2030 will die Geely-Tochter keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkaufen. Dieser Umbau wird viel Geld kosten. Aber Volvo steht an vorderster Front von Lis Plänen, Geely zu einem modernen Automobilkonzern zu machen – mit Elektroautos, autonomen und intelligenten Fahrzeugen sowie ganz neuen Mobilitätskonzepten.
Geely: Aufstieg begann durch Volvo-Übernahme
Es ist ein weiter Weg für den chinesischen Autokonzern, der heute Chinas größter privater Autobauer ist, aber vor gar nicht langer Zeit noch als Hersteller billiger Kleinwagen bekannt war. Die Übernahme von Volvo im Jahr 2010 war der erste einer Reihe von Deals, die das Image des Konzerns veränderten und die Ambition seines Gründers unterstrichen. Geely kaufte Marken wie Lotus oder Smart, dazu die London Electric Vehicle Company und schließlich knapp zehn Prozent Anteile von Daimler.
Dieses branchenumfassende Netzwerk nannte Li in einem seiner seltenen Interviews mit Reuters seinen “größeren Freundeskreis”. Diesen brauche er für die Wettbewerbsfähigkeit Geelys in einer Zukunft, in der Autos keine Fahrzeuge, sondern “Dienstleister” seien. “Wir versuchen, ein Android-ähnliches Automobil-Ökosystem zu schaffen“, sagte Li in dem Gespräch. Volvo spielt dabei eine große Rolle. Die Schweden werden international noch immer als Qualitätsmarke wahrgenommen.
In China entflechtet Geely die Marke derzeit strukturell vom Mutterkonzern. Bis Juli 2021 übernahm Volvo schrittweise das vollständige Eigentum an den Produktionsstätten der Marke in Chengdu in der südwestchinesischen Provinz Sichuan und Daqing im Nordosten, dazu sein Entwicklungszentrum in Shanghai sowie seine nationale Vertriebsgesellschaft für den chinesischen Markt. Im Oktober ging dann noch ein weiteres Werk in Luqiao in der Küstenprovinz Zhejiang an Volvo. Dort werden unter anderem die Elektromodelle Polestar 2 und Volvo XC40 Recharge produziert.
Elektrotochter Polestar mit Werbekampagne zur Klimakonferenz
Das 1996 in Schweden ursprünglich als Rennmarke gegründete Polestar hatte Volvo 2015 aufgekauft. Zwei Jahre später gründeten Volvo und Geely das Unternehmen neu als “schwedischen Hersteller für Premium Elektro Performance Fahrzeuge“. Die Modelle Polestar 1 und 2 sind nach Firmenangaben derzeit in 14 globalen Märkten in Europa, Nordamerika und China verfügbar; weitere Märkte sind anvisiert. Dazu startete Polestar pünktlich zur Klimakonferenz COP26 in Glasgow eine globale Werbekampagne: In dem Video schaut die Astronautin Karen Nyberg zur Erde und fragt: “Können wir Fortschritt so gestalten, dass wir unsere Spezies erhalten, unser einziges Zuhause bewahren und weiterhin diese Begeisterung spüren, Mensch zu sein?”
Der Kampagnenfilm ist ein Zeichen, dass sich Geely mit Volvo und Polestar an die Spitze einer Bewegung setzen möchte, die oft ausschließlich mit Tesla und anderen E-Startups verbunden wird. Unter den traditionellen Autobauern habe der chinesische Konzern eine vergleichsweise hoch entwickelte Sicht auf die Zukunft der Mobilität, findet Bill Russo, Gründer der auf neue Mobilität spezialisierten Beratungsfirma Automobility in Shanghai. Geely verstehe, dass sich das Mobilitätsmodell vom reinen Hersteller wegbewege, sagt Russo.
Neue Projekte quer durch das Elektrosegment
So postiert Li Shufu sein Unternehmen derzeit mit vielen Projekten dort, wo es neue Mobilitätsansätze gibt. Er will keinen Trend verschlafen. Dabeisein ist deswegen erst einmal alles:
Eigenmarke Zeekr: Geely gründete im März eine eigene Elektroauto-Firma für Premiummodelle namens Zeekr. Diese stellte schon auf der Shanghaier Automesse ein erstes Modell vor, den im Designzentrum im Göteborg entworfenen Elektro-Kombi Zeekr 001. Auch für die neue Firma nutzt Geely also die mit Volvo erworbene schwedische DNA (China.Table berichtete). Seit Oktober wird der Zeekr 001 in Ningbo, südlich von Shanghai, produziert. Die Auslieferung soll demnächst beginnen. Bis Ende 2023 will Zeekr zudem ein exklusives Schnelllade-Netz von 2200 Stationen und über 20.000 Schnellladepunkten in China aufbauen.
Batterieproduktion: Im Dezember 2020 gründete Geely Automobile Holdings ein Joint Venture mit dem führenden chinesischen Batteriehersteller CATL. Auch plant das Unternehmen, für umgerechnet rund 3,9 Milliarden Euro eine eigene Batteriefabrik der Stadt Ganzhou in der Provinz Jiangxi zu bauen.
Smart-Joint Venture mit Daimler: 2019 gründeten Daimler und Geely die Smart Automobile Co. Das erste Modell, der elektrische Fünfsitzer Concept #1, soll 2022 in Serie gehen. Das chinesische Unternehmen bringt Produktionsanlagen und Technik wie Konnektivität ein; von Mercedes kommt neben der Marke auch das Design. Das Joint Venture soll auch den von Geely bereits während der Corona-Pandemie vorangetriebenen digitalisierten Direktvertrieb ausbauen.
Autonomes Fahren: Auch mit dem auf autonomes Fahren spezialisierten Internetkonzern Baidu schloss Geely ein Joint Venture namens Jidu Auto. Die Partner wollen in den nächsten fünf Jahren umgerechnet knapp 6,4 Milliarden Euro in die Entwicklung von Smart-Car-Technologien investieren, wie Bloomberg berichtet: Die Kooperation “könnte Geely einen dringend benötigten Technologievorsprung bei der Entwicklung intelligenter Elektrofahrzeuge verschaffen.”
E-Autos in Lizenz: Geely gründete ein Joint Venture mit dem taiwanischen Elektronikkonzern Foxconn, um in Lizenz Elektroautos für andere Marken zu bauen.
Li Shufu investierte außerdem in den Flugtaxi-Entwickler Volocopter und besitzt laut Reuters ein Startup, das Softwaretechnologie für die Fahrzeugsteuerung entwickelt, sowie die Firma Geespace. Die erhielt 2021 grünes Licht aus Peking, um Erdsatelliten für niedrige Umlaufbahnen herzustellen, die für autonome Fahrzeuge benötigt werden.
Elektro-Plattform für alle Marken
Die Zeekr-Modelle werden ebenso wie das Smart-Modell Concept #1 auf Geelys Elektro-Plattform SEA produziert, die im September 2020 präsentiert worden ist. Diese soll künftig die Basis für alle Geely-Marken bilden, ebenso wie für die Auftragsfertigung. Die Plattform sei “die Grundlage für ein dreischichtiges Ökosystem rund um ganze Fahrzeuge, Automobilsysteme und das Internet der Fahrzeuge“, teilte Geely damals mit.
Das klingt alles nach Zukunftstechnologie. Bislang verkauft Geely allerdings vor allem Autos mit Verbrennungsmotor oder Hybride -vor allem unter der Eigenmarke, aber auch unter den Marken Volvo oder Lynk&Co. Nur drei Prozent aller verkauften Volvos etwa sind derzeit Elektromodelle. Volvo hat also viel zu tun, um sein Ziel zu erreichen: Das frische Kapital dürfte dabei helfen.
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Gegenüber China “besser, schneller, innovativer sein”
Webasto-CEO Holger Engelmann
Herr Engelmann, Webasto war zu Beginn der Corona-Pandemie in den Schlagzeilen. Der erste Corona-Infizierte in Deutschland war einer Ihrer Mitarbeiter, der von einer Kollegin aus Wuhan angesteckt wurde. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die vergangenen anderthalb Jahre zurück?
Da springt bei mir sofort ein großes Kopfkino an. Als wir damals mit dem Virus konfrontiert wurden, hatte das nicht nur eine wirtschaftliche Dimension. Es ging auch um die Gesundheit unserer Mitarbeitenden und unseres Umfeldes. Da mussten wir binnen weniger Stunden schnell handeln und harte Entscheidungen treffen wie die vorübergehende Schließung unserer Firmenzentrale in Stockdorf. Im Nachhinein sind wir stolz, wie gut wir das gemanagt haben.
Wie lautet ihr betriebswirtschaftliches Fazit dieser Zeit?
In der Summe hat uns die Corona-Pandemie als Autozulieferer schon sehr getroffen. Allerdings hätte alles schlimmer kommen können. Der chinesische Markt hat sich sehr schnell erholt, das hat uns geholfen. Dennoch haben wir 2020 nicht mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Das lag aber auch daran, dass wir trotz Krise weiter investiert haben, zum Beispiel in neue Standorte oder unsere Lösungen zum Thema E-Mobilität oder autonomes Fahren.
Ist die Krise jetzt überstanden?
Wir treten jetzt in die Nach-Corona-Phase ein, das wirtschaftliche Long Covid sozusagen. Wir spüren, dass die Welt aus dem Tritt gekommen ist. Das äußert sich bei den Halbleitern, bei der Verknappung von Rohstoffen oder der geringeren Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Das ist eine Entwicklung, die mich sehr beunruhigt. Wir haben über viele Jahre ein sehr komplexes System in der Welt aufgebaut, das sehr fragil ist, wie wir jetzt feststellen.
Dieses System ist jetzt aus dem Gleichgewicht geraten. Wenn ich hier mit einer Metapher arbeiten darf: Es ist vergleichbar mit einem Stein, den man ins Wasser wirft. Man wird jetzt sehen, ob das nur eine Welle ist, die langsam abebbt, oder ob wir ein System losgetreten haben, das in eine Art Eigenfrequenz übertritt und nicht mehr zu schwingen aufhört.
Können Sie das konkretisieren?
Im Augenblick haben wir auf der ganzen Welt zu wenig Halbleiter. Ein Sturm in den USA, ein Feuer bei einem Chipproduzenten in Japan oder ein Corona-Ausbruch in Malaysia sind jetzt plötzlich auf der ganzen Welt spürbar. Es kommen weitere Themen hinzu: Die Rohstoffpreise steigen, in China gibt es eine Stromverknappung. Jedes Problem ist einzeln vielleicht lösbar, aber wenn dieser Zustand systemisch wird und an immer mehr Enden Baustellen entstehen, dann wird das natürlich schwierig.
Wagen Sie eine Prognose?
Beide Szenarien sind gleichermaßen wahrscheinlich. Wir wissen nicht, was 2022 oder 2023 wird. Haben wir das Problem der Halbleiter dann im Griff, oder wird alles noch schlimmer? Und kommt dann das nächste Problem auf uns zu und dann das nächste und wieder das nächste? Klar ist nur, dass sich einige grundsätzliche Dinge bei den Arbeitsabläufen dauerhaft verändert haben. Digitale Begegnungen werden auch in Zukunft ein fester Bestandteil sein. Aber auch hier gilt es, ein vernünftiges Maß zu finden.
Wieso?
Wenn alles nur noch virtuell läuft, dann kommt das Zwischenmenschliche zu kurz, also die Möglichkeit, sich nach einem Meeting unter vier Augen auszutauschen, direkt die Stimmung meines Gegenübers zu erkennen, nochmal nachzuhaken oder auf etwas hinweisen zu können. Unsere Branche hat wenig Reserven in ihren Systemen. Das ist alles eng getaktet und auf kleine Margen ausgerichtet. Da kann die Kommunikation sehr entscheidend sein für den Erfolg oder Misserfolg eines Projektes. Wir akzeptieren den neuen Normalzustand, aber wir müssen ihn noch verbessern.
Was haben Sie über China gelernt in den vergangenen anderthalb Jahren?
Die Anfangsphase der Pandemie war geprägt von mangelnder Transparenz. Schon im Oktober 2019 haben wir in Wuhan mitbekommen, dass irgendetwas vor sich geht. Die ersten Gerüchte haben wir aber nicht wirklich ernst genommen.
Viele Unternehmen schweigen lieber, statt der chinesischen Regierung Fehler vorzuwerfen.
Ich denke, wir dürfen schon objektiv feststellen, dass die Informationspolitik transparenter hätte sein können. Ich muss aber auch sagen, dass unsere chinesische Mitarbeiterin, die damals das Virus in sich getragen hatte, nach ihrer Rückkehr nach China dem Robert Koch-Institut detailliert Auskunft gegeben und wichtige Erkenntnisse zu ihrem Krankheitsverlauf geliefert hat.
Wir hätten uns pandemisch hierzulande sicherlich besser vorbereiten können, wenn wir in Europa frühzeitig gewusst hätten, wie ernst die Situation in Wuhan war. Mit diesem Informationsvorsprung hätten wir eine größere Chance gehabt, das Virus einzudämmen. Zugegebenermaßen hätten Europäer oder Amerikaner bei ihrem folgenden Krisenmanagement deutlich besser sein können.
…während China schon frühzeitig seinen Sieg über das Virus feierte.
Mit ihrer Härte und extremer Effizienz hat die chinesische Regierung die Auswirkungen auf ihr eigenes Land extrem minimiert. Über die Vehemenz der Maßnahmen kann man sicherlich diskutieren, aber was die Eindämmung des Virus angeht, war das Land erfolgreich.
Die Pandemie hat die Schwachpunkte globaler Lieferketten offenbart. Wird Webasto weiter regionalisieren?
Unsere DNA ist es, dass wir in der Region für die Region produzieren und dort auch unsere Teile beziehen. Daher sind wir der Anfälligkeit der Lieferketten weniger unmittelbar ausgesetzt. Aber jede Komponente hat eine eigene Lieferkette, die ihrerseits betroffen sein kann. Insofern trifft es uns dort, wo unsere Zulieferer Komponenten benötigen.
Wir können diese ganzen Ebenen unmöglich selbst bis in die letzten Winkel selbst durchschreiten. Eine Lieferkette ist daher immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Und selbst wenn wir Komponenten auf Vorrat lagern würden, kann es passieren, dass einem unserer Kunden eine andere Komponente fehlt. Auch dann wären wir betroffen. Die Komplexität der Wertschöpfung ist gewaltig.
China möchte diese Komplexität aus nationalen Interessen entflechten. Das bedeutet für Webasto und andere, künftig zwei Lieferketten aufbauen zu müssen. Eine für China und eine für den Rest der Welt.
Ich fürchte, dass wir uns darauf einstellen müssen, dass wir einen solchen autarken Kreislauf in China in Zukunft ermöglichen müssen. Wir gehen davon aus, dass die chinesische Volkswirtschaft aus der Krise gelernt hat und ihre eigene Abhängigkeit vom Ausland verringern will. Heute ist es noch nicht so, aber es könnte darauf hinauslaufen, dass alle Komponenten in China irgendwann zur Verfügung stehen.
Bereitet Ihnen diese Entkopplung Unbehagen?
Wir haben uns in allen Regionen der Welt immer flexibel auf die jeweiligen Umstände einstellen können. Das wird uns auch in China gelingen. Es ist aber eine andere Frage, ob die Regionalisierung rein volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Sie lässt Effizienzpotenzial liegen, weil Einkaufsvolumen geringer werden und damit zu Preiserhöhungen für alle Beteiligten einschließlich der Konsumenten führen.
Zahlen wir auch einen politischen Preis in Form einer Entwurzelung unserer Unternehmen?
Schwierige Frage. Zumindest haben wir als Webasto in 20 Jahren, die wir jetzt in China tätig sind, keine Probleme gehabt. Wir konnten uns in den einzelnen Regionen nach Wunsch entwickeln. Wir können unsere Mitarbeiter frei nach unseren Werten führen, wie wir das auch in Deutschland machen. Und wir haben eine loyale chinesische Belegschaft.
Selbst wenn chinesische Konkurrenten in der Vergangenheit gegen unsere Patente verstoßen haben, konnten wir unsere Interessen rechtlich durchsetzen. Wir haben als Unternehmen also nichts Negatives in China erfahren und uns gut entwickeln können. Wir haben unsere Marktführerschaft bei Dächern bisher halten können. Wir merken natürlich, dass chinesische Konkurrenten hochkommen. Aber gegen die können wir uns nach den Regeln der Marktwirtschaft behaupten.
Mit der verschärften Datenschutz-Gesetzgebung erhalten chinesische Behörden jetzt aber die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, welche Daten ein Unternehmen aus dem Land transferieren darf. Bereitet Ihnen das keine Sorgen?
Von unserer Organisation vor Ort haben wir den Hinweis bekommen, dass wir keine Probleme haben werden. Wir mussten lediglich offenlegen, ob wir alle Regelungen einhalten. Das ist für uns erst einmal kein Nachteil. Eher sind wir davon überzeugt, dass sich der ein oder andere Mitbewerber an die Regelungen anpassen muss.
Sammeln Sie denn Daten in China, die nach Deutschland transferiert werden?
Nein, wir müssen in China keine Daten sammeln. Unsere gesamte chinesische Organisation arbeitet auf Systemen in Deutschland. Dort liegen also auch die Daten.
Das neue Antisanktions-Gesetz kann Unternehmen dazu zwingen, sich für oder gegen China zu entscheiden. Werden Webasto und andere zum Spielball auf der geopolitischen Bühne?
Das ist sicherlich Teil der Realität. Wenn sich die politische Gemengelage verhärtet und ein Decoupling droht, dann muss man als Firma so aufgestellt sein, dass man in jeder Region überlebensfähig ist, in der man operiert. Tatsache ist aber auch, dass wir in China gute Geschäfte machen und das Geld weiter in unsere Entwicklung oder innovative Technologien investieren können. Wir profitieren von dem Cashflow aus China, auch indem wir Arbeitsplätze in Deutschland schaffen. Aber wir sind natürlich so aufgestellt, dass wir in jeder Region profitabel arbeiten können.
Solange der Strom nicht abgeschaltet wird.
Webasto ist genauso wie viele unserer Kunden direkt von der Stromverknappung betroffen. Um die Situation abzufedern und die Produktion aufrechtzuerhalten, haben wir zwischenzeitlich zusätzliche Strom-Generatoren gemietet. Unser Eindruck ist, dass die Behörden sehr bemüht sind, die Situation zu stabilisieren. Der energieintensive Winter wird aber in jedem Fall eine weitere Herausforderung sein.
In ihrem neuen Batteriecenter in Jiaxing geht Webasto in China nun auch neue Wege, weg von Autodächern und Standheizungen. Steigen Sie mittelfristig in die Batterieproduktion ein?
Nein, wir werden keine Batteriezellen produzieren, sondern wollen eine Nische besetzen, in dem wir als Systemhersteller Batteriepacks entwickeln und verkaufen, die Hersteller in ihre Fahrzeuge integrieren können. So können sich Zelllieferanten und OEMs (Original Equipment Manufacturer, also Autohersteller) auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Das war eine mutige Entscheidung in 2016, in diesen neuen Bereich der Elektromobilität zu investieren. Unser Ziel ist es, mit unseren Systemlösungen für die Elektromobilität in einigen Jahren mehr als eine Milliarde Euro Umsatz zu generieren.
China ist der größte Einzelmarkt für Webasto, der dem Unternehmen fast 40 Prozent des Umsatzes einbringt. Sie haben dort zwölf Standorte. Bleibt das Zentrum der Forschung und Entwicklung dennoch in Deutschland?
Ja. Unsere Batterie-Technologie wurde komplett in Deutschland entwickelt. Wir haben jetzt aber gemeinsam mit chinesischen OEMs ein eigenes chinaspezifisches Batterieprodukt. Ich sehe hier ein wichtiges Prinzip für den freien Wettbewerb: Wir sollten nicht versuchen, andere Länder einzuschränken, sondern besser, schneller, innovativer zu sein.
Holger Engelmann ist seit 2013 Vorstandsvorsitzender des Autozulieferers Webasto mit Sitz in Stockdorf bei München. Zuvor war der promovierte Volkswirt dort stellvertretender CEO und Finanzchef.
Webasto wurde 1901 gegründet und ist auch heute noch ein Familienunternehmen. Schwerpunkte liegen bei Dächern, Heizungen und Klimaanlagen, sowie bei Ladeeinrichtungen und kompletten Batteriesystemen für Elektroautos. Webasto produziert schon seit 2001 in Shanghai. China ist heute der wichtigste Einzelmarkt des Unternehmens. Im September 2019 besichtigte Kanzlerin Angela Merkel das Webasto-Werk in Wuhan. Im Januar 2020 steckten sich einige Firmenmitarbeiter in Deutschland mit Corona an. Das Unternehmen erhielt damals viel Lob für seine schnelle Reaktion zur Eindämmung der Infektionsketten.
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Im Kontrast zum Unternehmens-getriebenen Modell in der EU oder den USA, behält in China die Regierung den Prozess der Standardisierung fest im Griff.
Zudem unternimmt China große Anstrengungen, auch in internationalen Gremien sein Gewicht zu erhöhen. Ein deutliches Signal dafür, wie politisch bedeutend Standardisierung aus Sicht Pekings ist.
Standardisierung in China unterstützt industriepolitische Ziele. Die Leitungen der Technischen Komitees für Standardsetzung sind zumeist sehr eng mit Regierungsorganen verzahnt.
Der Fokus auf China-spezifische Standards beeinflusst den Wettbewerb zugunsten lokaler Unternehmen. In einer gemeinsamen Umfrage von VDMA und Sinolytics gaben 38,7 Prozent deutscher Maschinenbauer an, dass die Abweichung chinesischer Standards von internationalen Normen höhere Kosten und Wettbewerbsnachteile erzeugt.
Aktuell werden nur ca. ein Drittel der neuen Standards in China von internationalen Standards abgeleitet. Die kürzlich veröffentlicht “National Standardization Development Outline” gibt zwar das Ziel aus, diesen Anteil bis 2025 auf 85 Prozent zu erhöhen, doch wie dies umgesetzt werden soll, bleibt bisher unklar.
Die “National Standardization Development Outline” erwähnt zudem die Stärkung einer “marktgeführten” Standardisierung, betont zugleich jedoch die Steuerungskompetenz des Staates.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich vollständig auf China konzentriert. Es berät europäische Unternehmen zur strategischen Ausrichtung und spezifischen Geschäftsaktivitäten in China.
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Starker Oktober für Xpeng
Der chinesische Elektrofahrzeughersteller Xpeng hat im Oktober mehr als 10.000 Fahrzeuge verkauft. Das gab das Unternehmen am Montag bekannt. Die 10.138 verkauften Autos entsprechen einem Anstieg von 233 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Damit ist der Oktober der zweite Monat in Folge, in dem Xpeng die Marke von 10.000 Auslieferungen überschreitet. Im September hatte das Unternehmen mit 10.412 Fahrzeugen einen firmeneigenen Verkaufsrekord aufgestellt. Die Auslieferungen in diesem Monat wurden vor allem durch die elektrische Sportlimousine P7 mit 6.044 Einheiten angekurbelt, was einem Anstieg von 187 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht.
Die Monatsmarke von 10.000 Fahrzeuge gilt in China als wichtiger Indikator. Zumal Xpeng die Verkaufszahlen erzielen konnte trotz landesweiter Stromknappheit und einem weltweiten Mangel an Halbleiterchips.
Das chinesische Unternehmen hat letztes Jahr mit der Auslieferung von Elektrofahrzeugen nach Norwegen begonnen und strebt eine weitere Expansion in Europa an. Vergangene Woche hatte man die Verkaufspreise seiner Flaggschiff-Limousine P7 in Norwegen bekannt gegeben. In dem nordeuropäischen Land tritt man in Konkurrenz mit dem Branchenführer Tesla und dem heimischen Rivalen Nio (China.Table berichtete). Nio hatte zuletzt in Oslo seine erste Batterietauschstation fertiggestellt. Sie soll demnächst eröffnet werden. rad
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Start-up Byton droht Konkurs
Das bereits vor Jahren ins Schlingern geratene E-Auto-Start-Up Byton kann keine Lohnzahlungen mehr an die Beschäftigten leisten. Das Unternehmen steckt in ernsthaften Finanzproblemen, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin berichtet. Ein Gläubiger hatte demnach die Einleitung eines Konkursverfahrens gegen das Start-up beantragt. Ein Gericht in Nanjing hat dem Bericht zufolge auch bereits eine erste Anhörung abgehalten.
Byton hatte 2018 sein erstes Auto-Konzept, den M-Byte, präsentiert – anschließend geriet das Start-up jedoch in Schwierigkeiten. Der E-Auto Hersteller hatte bereits im Oktober 2019 die Vorserienproduktion des M-Byte gestartet und war auf dem Weg zur Serienproduktion. Spätestens im Zuge der Corona-Pandemie wackelte jedoch der Zeitplan, da zugesagte Gelder am Ende nicht flossen. Eine Kooperation mit Foxconn galt als Rettungsanker. Noch im Januar hatte das Unternehmen angekündigt, dass Foxconn Byton dabei unterstützen werde, den M-Byte bis zum ersten Quartal 2022 in Serie zu bringen – im Juli 2020 stellte das Unternehmen den Betrieb aber vorübergehend ein.
Byton war 2016 von ehemaligen Managern von BWM und Nissan gegründet worden und konnte anfangs Finanzmittel im hohen dreistelligen Millionenbereich einwerben. Insgesamt hat das E-Auto-Start-Up circa 1,1 Milliarden Euro verbrannt (China.Table berichtete). nib
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Noch weniger Flüge auf China-Strecken
Die Fluggesellschaften müssen ihr Angebot von und nach China in den kommenden Monaten noch weiter ausdünnen. Die Luftfahrtbehörde sehe für den Winterflugplan noch weniger Verbindungen vor als in diesem Sommer, in dem bereits ein reduziertes Angebot galt. Das berichtet der ARD-Hörfunk aus Shanghai. Als Begründung für die Einschränkung des Flugbetriebs dient der Infektionsschutz. Im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele im Februar in Peking versucht die Regierung derzeit, aufflammende Ausbrüche der Delta-Variante von Sars-CoV-2 im Keim zu ersticken (China.Table berichtete). Dazu gehört nach Vorstellung der Regierung, weitere Einschleppungen von außen zu unterbinden. Deshalb gelten in China derzeit die strengsten Quarantäneregeln unter den großen Volkswirtschaften.
Wirtschaftsvertreter kritisieren unterdessen die zunehmende Abschottung Chinas von der Außenwelt als übertrieben und schädlich. Die strengen Einreisebedingungen seien eine “kaum zumutbare Hürde” für deutsche Firmen, erklärte die Handelskammer in Peking gegenüber der ARD. “Die Hoffnung auf eine schnelle Öffnung” zerschlage sich damit, bekräftigte die Kammer in Shanghai. Andere asiatische Länder steuern derzeit, anders als China, dank steigender Impfquote auf eine vorsichtige Öffnung zu. fin
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Hubertus Troska wird zur weiteren Vereinheitlichung der Vorstandsressorts der Daimler AG und der Mercedes-Benz AG ebenfalls in den Vorstand der Mercedes-Benz AG berufen. Troska ist CEO und Chairman von Daimler Greater China und verantwortlich für alle strategischen und operativen Aktivitäten von Daimler in China.
Lars Bäumann ist für Volkswagen von Mexiko nach Shanghai umgezogen. Bäumann trägt dort den Titel eines Global Executive Advisors. Er arbeitet seit 41 Jahren für VW.
André Segismundo leitet seit Oktober die Forschung und Entwicklung bei Daimler Trucks China in Peking. Er war zuvor in Stuttgart der Head of Quality Engineering Entire Vehicles.
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Xpeng glänzt mit starken Zahlen
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Flugbehörde schränkt China-Verbindungen weiter ein
Personalien: China-Chef Troska rückt in Daimler-Vorstand auf
Liebe Leserin, lieber Leser,
gefühlt noch vor gar nicht so langer Zeit waren die Autos von Geely noch piefige Kleinwagen, die so klapprig wirkten, als würden sie nicht einmal den Elchtest bestanden. Heute ist Geely einer der ambitioniertesten Elektro-Hersteller der Welt – und Mutterkonzern von Volvo. Nun hat Geely die schwedische Traditionsmarke wieder an die Börse gebracht. Volvo, wie wir sie kennen, wird sich stark verändern, weil ihr chinesischer Besitzer weitreichende Pläne mit der Marke hat, schreibt Christiane Kühl in ihrer Analyse.
Vor gut zwei Jahren war der Autozulieferer Webasto das erste Unternehmen in Deutschland, das von einem Corona-Fall getroffen wurde. Damals herrschte große Aufregung, doch im Gesamtbild der Pandemie erwies sich das Ereignis als bloße Episode, die heute schon fast wieder vergessen ist.
Im Interview mit China.Table spricht nun der Vorstandsvorsitzende von Webasto, Holger Engelmann, nun über die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Engelmann fürchtet aus mehreren Gründen für die Nach-Corona-Phase ein “wirtschaftliches Long Covid”. Mangel an Fachkräften, Rohstoffen oder Halbleitern werden die Unternehmen noch eine Weile bremsen, sagt er gegenüber Marcel Grzanna. Für China hegt Engelmann sogar Gedankenspiele für abgekoppelte Kreisläufe, da auch Peking seinen Lehren aus der Krise gezogen hat.
Am Ende lief es gar nicht so schlecht. Die Aktien des schwedischen Autobauers Volvo legten am Freitag beim Börsendebüt in Stockholm um gut 22 Prozent zu. Das war nicht unbedingt zu erwarten, nachdem einige Stolpersteine den Gang aufs Börsenparkett gepflastert hatten. Investoren klagten über einen zu hohen Aktienpreis und über zu großen Einfluss der chinesischen Konzernmutter Geely.
Um die Erstnotierung nicht zu gefährden, musste Geely zustimmen, seine erweiterten Stimmrechte aufzugeben. Diese hätten der Firma des umtriebigen Automanagers und Geely-Gründers Li Shufu 98 Prozent aller Aktionärsstimmen eingeräumt. Und das obwohl Geelys Aktienanteil durch den Börsengang auf rund 84 Prozent gesunken ist. Auch musste Volvo den Ausgabepreis und damit die Marktkapitalisierung senken und das Debüt um einen Tag schieben.
Und dennoch reichte es laut Reuters zur größten Neuemission des Jahres in Europa.Das Geld will Volvo nun vor allem für den Ausbau der Elektromobilität nutzen. Ab 2030 will die Geely-Tochter keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkaufen. Dieser Umbau wird viel Geld kosten. Aber Volvo steht an vorderster Front von Lis Plänen, Geely zu einem modernen Automobilkonzern zu machen – mit Elektroautos, autonomen und intelligenten Fahrzeugen sowie ganz neuen Mobilitätskonzepten.
Geely: Aufstieg begann durch Volvo-Übernahme
Es ist ein weiter Weg für den chinesischen Autokonzern, der heute Chinas größter privater Autobauer ist, aber vor gar nicht langer Zeit noch als Hersteller billiger Kleinwagen bekannt war. Die Übernahme von Volvo im Jahr 2010 war der erste einer Reihe von Deals, die das Image des Konzerns veränderten und die Ambition seines Gründers unterstrichen. Geely kaufte Marken wie Lotus oder Smart, dazu die London Electric Vehicle Company und schließlich knapp zehn Prozent Anteile von Daimler.
Dieses branchenumfassende Netzwerk nannte Li in einem seiner seltenen Interviews mit Reuters seinen “größeren Freundeskreis”. Diesen brauche er für die Wettbewerbsfähigkeit Geelys in einer Zukunft, in der Autos keine Fahrzeuge, sondern “Dienstleister” seien. “Wir versuchen, ein Android-ähnliches Automobil-Ökosystem zu schaffen“, sagte Li in dem Gespräch. Volvo spielt dabei eine große Rolle. Die Schweden werden international noch immer als Qualitätsmarke wahrgenommen.
In China entflechtet Geely die Marke derzeit strukturell vom Mutterkonzern. Bis Juli 2021 übernahm Volvo schrittweise das vollständige Eigentum an den Produktionsstätten der Marke in Chengdu in der südwestchinesischen Provinz Sichuan und Daqing im Nordosten, dazu sein Entwicklungszentrum in Shanghai sowie seine nationale Vertriebsgesellschaft für den chinesischen Markt. Im Oktober ging dann noch ein weiteres Werk in Luqiao in der Küstenprovinz Zhejiang an Volvo. Dort werden unter anderem die Elektromodelle Polestar 2 und Volvo XC40 Recharge produziert.
Elektrotochter Polestar mit Werbekampagne zur Klimakonferenz
Das 1996 in Schweden ursprünglich als Rennmarke gegründete Polestar hatte Volvo 2015 aufgekauft. Zwei Jahre später gründeten Volvo und Geely das Unternehmen neu als “schwedischen Hersteller für Premium Elektro Performance Fahrzeuge“. Die Modelle Polestar 1 und 2 sind nach Firmenangaben derzeit in 14 globalen Märkten in Europa, Nordamerika und China verfügbar; weitere Märkte sind anvisiert. Dazu startete Polestar pünktlich zur Klimakonferenz COP26 in Glasgow eine globale Werbekampagne: In dem Video schaut die Astronautin Karen Nyberg zur Erde und fragt: “Können wir Fortschritt so gestalten, dass wir unsere Spezies erhalten, unser einziges Zuhause bewahren und weiterhin diese Begeisterung spüren, Mensch zu sein?”
Der Kampagnenfilm ist ein Zeichen, dass sich Geely mit Volvo und Polestar an die Spitze einer Bewegung setzen möchte, die oft ausschließlich mit Tesla und anderen E-Startups verbunden wird. Unter den traditionellen Autobauern habe der chinesische Konzern eine vergleichsweise hoch entwickelte Sicht auf die Zukunft der Mobilität, findet Bill Russo, Gründer der auf neue Mobilität spezialisierten Beratungsfirma Automobility in Shanghai. Geely verstehe, dass sich das Mobilitätsmodell vom reinen Hersteller wegbewege, sagt Russo.
Neue Projekte quer durch das Elektrosegment
So postiert Li Shufu sein Unternehmen derzeit mit vielen Projekten dort, wo es neue Mobilitätsansätze gibt. Er will keinen Trend verschlafen. Dabeisein ist deswegen erst einmal alles:
Eigenmarke Zeekr: Geely gründete im März eine eigene Elektroauto-Firma für Premiummodelle namens Zeekr. Diese stellte schon auf der Shanghaier Automesse ein erstes Modell vor, den im Designzentrum im Göteborg entworfenen Elektro-Kombi Zeekr 001. Auch für die neue Firma nutzt Geely also die mit Volvo erworbene schwedische DNA (China.Table berichtete). Seit Oktober wird der Zeekr 001 in Ningbo, südlich von Shanghai, produziert. Die Auslieferung soll demnächst beginnen. Bis Ende 2023 will Zeekr zudem ein exklusives Schnelllade-Netz von 2200 Stationen und über 20.000 Schnellladepunkten in China aufbauen.
Batterieproduktion: Im Dezember 2020 gründete Geely Automobile Holdings ein Joint Venture mit dem führenden chinesischen Batteriehersteller CATL. Auch plant das Unternehmen, für umgerechnet rund 3,9 Milliarden Euro eine eigene Batteriefabrik der Stadt Ganzhou in der Provinz Jiangxi zu bauen.
Smart-Joint Venture mit Daimler: 2019 gründeten Daimler und Geely die Smart Automobile Co. Das erste Modell, der elektrische Fünfsitzer Concept #1, soll 2022 in Serie gehen. Das chinesische Unternehmen bringt Produktionsanlagen und Technik wie Konnektivität ein; von Mercedes kommt neben der Marke auch das Design. Das Joint Venture soll auch den von Geely bereits während der Corona-Pandemie vorangetriebenen digitalisierten Direktvertrieb ausbauen.
Autonomes Fahren: Auch mit dem auf autonomes Fahren spezialisierten Internetkonzern Baidu schloss Geely ein Joint Venture namens Jidu Auto. Die Partner wollen in den nächsten fünf Jahren umgerechnet knapp 6,4 Milliarden Euro in die Entwicklung von Smart-Car-Technologien investieren, wie Bloomberg berichtet: Die Kooperation “könnte Geely einen dringend benötigten Technologievorsprung bei der Entwicklung intelligenter Elektrofahrzeuge verschaffen.”
E-Autos in Lizenz: Geely gründete ein Joint Venture mit dem taiwanischen Elektronikkonzern Foxconn, um in Lizenz Elektroautos für andere Marken zu bauen.
Li Shufu investierte außerdem in den Flugtaxi-Entwickler Volocopter und besitzt laut Reuters ein Startup, das Softwaretechnologie für die Fahrzeugsteuerung entwickelt, sowie die Firma Geespace. Die erhielt 2021 grünes Licht aus Peking, um Erdsatelliten für niedrige Umlaufbahnen herzustellen, die für autonome Fahrzeuge benötigt werden.
Elektro-Plattform für alle Marken
Die Zeekr-Modelle werden ebenso wie das Smart-Modell Concept #1 auf Geelys Elektro-Plattform SEA produziert, die im September 2020 präsentiert worden ist. Diese soll künftig die Basis für alle Geely-Marken bilden, ebenso wie für die Auftragsfertigung. Die Plattform sei “die Grundlage für ein dreischichtiges Ökosystem rund um ganze Fahrzeuge, Automobilsysteme und das Internet der Fahrzeuge“, teilte Geely damals mit.
Das klingt alles nach Zukunftstechnologie. Bislang verkauft Geely allerdings vor allem Autos mit Verbrennungsmotor oder Hybride -vor allem unter der Eigenmarke, aber auch unter den Marken Volvo oder Lynk&Co. Nur drei Prozent aller verkauften Volvos etwa sind derzeit Elektromodelle. Volvo hat also viel zu tun, um sein Ziel zu erreichen: Das frische Kapital dürfte dabei helfen.
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Gegenüber China “besser, schneller, innovativer sein”
Webasto-CEO Holger Engelmann
Herr Engelmann, Webasto war zu Beginn der Corona-Pandemie in den Schlagzeilen. Der erste Corona-Infizierte in Deutschland war einer Ihrer Mitarbeiter, der von einer Kollegin aus Wuhan angesteckt wurde. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die vergangenen anderthalb Jahre zurück?
Da springt bei mir sofort ein großes Kopfkino an. Als wir damals mit dem Virus konfrontiert wurden, hatte das nicht nur eine wirtschaftliche Dimension. Es ging auch um die Gesundheit unserer Mitarbeitenden und unseres Umfeldes. Da mussten wir binnen weniger Stunden schnell handeln und harte Entscheidungen treffen wie die vorübergehende Schließung unserer Firmenzentrale in Stockdorf. Im Nachhinein sind wir stolz, wie gut wir das gemanagt haben.
Wie lautet ihr betriebswirtschaftliches Fazit dieser Zeit?
In der Summe hat uns die Corona-Pandemie als Autozulieferer schon sehr getroffen. Allerdings hätte alles schlimmer kommen können. Der chinesische Markt hat sich sehr schnell erholt, das hat uns geholfen. Dennoch haben wir 2020 nicht mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen. Das lag aber auch daran, dass wir trotz Krise weiter investiert haben, zum Beispiel in neue Standorte oder unsere Lösungen zum Thema E-Mobilität oder autonomes Fahren.
Ist die Krise jetzt überstanden?
Wir treten jetzt in die Nach-Corona-Phase ein, das wirtschaftliche Long Covid sozusagen. Wir spüren, dass die Welt aus dem Tritt gekommen ist. Das äußert sich bei den Halbleitern, bei der Verknappung von Rohstoffen oder der geringeren Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Das ist eine Entwicklung, die mich sehr beunruhigt. Wir haben über viele Jahre ein sehr komplexes System in der Welt aufgebaut, das sehr fragil ist, wie wir jetzt feststellen.
Dieses System ist jetzt aus dem Gleichgewicht geraten. Wenn ich hier mit einer Metapher arbeiten darf: Es ist vergleichbar mit einem Stein, den man ins Wasser wirft. Man wird jetzt sehen, ob das nur eine Welle ist, die langsam abebbt, oder ob wir ein System losgetreten haben, das in eine Art Eigenfrequenz übertritt und nicht mehr zu schwingen aufhört.
Können Sie das konkretisieren?
Im Augenblick haben wir auf der ganzen Welt zu wenig Halbleiter. Ein Sturm in den USA, ein Feuer bei einem Chipproduzenten in Japan oder ein Corona-Ausbruch in Malaysia sind jetzt plötzlich auf der ganzen Welt spürbar. Es kommen weitere Themen hinzu: Die Rohstoffpreise steigen, in China gibt es eine Stromverknappung. Jedes Problem ist einzeln vielleicht lösbar, aber wenn dieser Zustand systemisch wird und an immer mehr Enden Baustellen entstehen, dann wird das natürlich schwierig.
Wagen Sie eine Prognose?
Beide Szenarien sind gleichermaßen wahrscheinlich. Wir wissen nicht, was 2022 oder 2023 wird. Haben wir das Problem der Halbleiter dann im Griff, oder wird alles noch schlimmer? Und kommt dann das nächste Problem auf uns zu und dann das nächste und wieder das nächste? Klar ist nur, dass sich einige grundsätzliche Dinge bei den Arbeitsabläufen dauerhaft verändert haben. Digitale Begegnungen werden auch in Zukunft ein fester Bestandteil sein. Aber auch hier gilt es, ein vernünftiges Maß zu finden.
Wieso?
Wenn alles nur noch virtuell läuft, dann kommt das Zwischenmenschliche zu kurz, also die Möglichkeit, sich nach einem Meeting unter vier Augen auszutauschen, direkt die Stimmung meines Gegenübers zu erkennen, nochmal nachzuhaken oder auf etwas hinweisen zu können. Unsere Branche hat wenig Reserven in ihren Systemen. Das ist alles eng getaktet und auf kleine Margen ausgerichtet. Da kann die Kommunikation sehr entscheidend sein für den Erfolg oder Misserfolg eines Projektes. Wir akzeptieren den neuen Normalzustand, aber wir müssen ihn noch verbessern.
Was haben Sie über China gelernt in den vergangenen anderthalb Jahren?
Die Anfangsphase der Pandemie war geprägt von mangelnder Transparenz. Schon im Oktober 2019 haben wir in Wuhan mitbekommen, dass irgendetwas vor sich geht. Die ersten Gerüchte haben wir aber nicht wirklich ernst genommen.
Viele Unternehmen schweigen lieber, statt der chinesischen Regierung Fehler vorzuwerfen.
Ich denke, wir dürfen schon objektiv feststellen, dass die Informationspolitik transparenter hätte sein können. Ich muss aber auch sagen, dass unsere chinesische Mitarbeiterin, die damals das Virus in sich getragen hatte, nach ihrer Rückkehr nach China dem Robert Koch-Institut detailliert Auskunft gegeben und wichtige Erkenntnisse zu ihrem Krankheitsverlauf geliefert hat.
Wir hätten uns pandemisch hierzulande sicherlich besser vorbereiten können, wenn wir in Europa frühzeitig gewusst hätten, wie ernst die Situation in Wuhan war. Mit diesem Informationsvorsprung hätten wir eine größere Chance gehabt, das Virus einzudämmen. Zugegebenermaßen hätten Europäer oder Amerikaner bei ihrem folgenden Krisenmanagement deutlich besser sein können.
…während China schon frühzeitig seinen Sieg über das Virus feierte.
Mit ihrer Härte und extremer Effizienz hat die chinesische Regierung die Auswirkungen auf ihr eigenes Land extrem minimiert. Über die Vehemenz der Maßnahmen kann man sicherlich diskutieren, aber was die Eindämmung des Virus angeht, war das Land erfolgreich.
Die Pandemie hat die Schwachpunkte globaler Lieferketten offenbart. Wird Webasto weiter regionalisieren?
Unsere DNA ist es, dass wir in der Region für die Region produzieren und dort auch unsere Teile beziehen. Daher sind wir der Anfälligkeit der Lieferketten weniger unmittelbar ausgesetzt. Aber jede Komponente hat eine eigene Lieferkette, die ihrerseits betroffen sein kann. Insofern trifft es uns dort, wo unsere Zulieferer Komponenten benötigen.
Wir können diese ganzen Ebenen unmöglich selbst bis in die letzten Winkel selbst durchschreiten. Eine Lieferkette ist daher immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Und selbst wenn wir Komponenten auf Vorrat lagern würden, kann es passieren, dass einem unserer Kunden eine andere Komponente fehlt. Auch dann wären wir betroffen. Die Komplexität der Wertschöpfung ist gewaltig.
China möchte diese Komplexität aus nationalen Interessen entflechten. Das bedeutet für Webasto und andere, künftig zwei Lieferketten aufbauen zu müssen. Eine für China und eine für den Rest der Welt.
Ich fürchte, dass wir uns darauf einstellen müssen, dass wir einen solchen autarken Kreislauf in China in Zukunft ermöglichen müssen. Wir gehen davon aus, dass die chinesische Volkswirtschaft aus der Krise gelernt hat und ihre eigene Abhängigkeit vom Ausland verringern will. Heute ist es noch nicht so, aber es könnte darauf hinauslaufen, dass alle Komponenten in China irgendwann zur Verfügung stehen.
Bereitet Ihnen diese Entkopplung Unbehagen?
Wir haben uns in allen Regionen der Welt immer flexibel auf die jeweiligen Umstände einstellen können. Das wird uns auch in China gelingen. Es ist aber eine andere Frage, ob die Regionalisierung rein volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Sie lässt Effizienzpotenzial liegen, weil Einkaufsvolumen geringer werden und damit zu Preiserhöhungen für alle Beteiligten einschließlich der Konsumenten führen.
Zahlen wir auch einen politischen Preis in Form einer Entwurzelung unserer Unternehmen?
Schwierige Frage. Zumindest haben wir als Webasto in 20 Jahren, die wir jetzt in China tätig sind, keine Probleme gehabt. Wir konnten uns in den einzelnen Regionen nach Wunsch entwickeln. Wir können unsere Mitarbeiter frei nach unseren Werten führen, wie wir das auch in Deutschland machen. Und wir haben eine loyale chinesische Belegschaft.
Selbst wenn chinesische Konkurrenten in der Vergangenheit gegen unsere Patente verstoßen haben, konnten wir unsere Interessen rechtlich durchsetzen. Wir haben als Unternehmen also nichts Negatives in China erfahren und uns gut entwickeln können. Wir haben unsere Marktführerschaft bei Dächern bisher halten können. Wir merken natürlich, dass chinesische Konkurrenten hochkommen. Aber gegen die können wir uns nach den Regeln der Marktwirtschaft behaupten.
Mit der verschärften Datenschutz-Gesetzgebung erhalten chinesische Behörden jetzt aber die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, welche Daten ein Unternehmen aus dem Land transferieren darf. Bereitet Ihnen das keine Sorgen?
Von unserer Organisation vor Ort haben wir den Hinweis bekommen, dass wir keine Probleme haben werden. Wir mussten lediglich offenlegen, ob wir alle Regelungen einhalten. Das ist für uns erst einmal kein Nachteil. Eher sind wir davon überzeugt, dass sich der ein oder andere Mitbewerber an die Regelungen anpassen muss.
Sammeln Sie denn Daten in China, die nach Deutschland transferiert werden?
Nein, wir müssen in China keine Daten sammeln. Unsere gesamte chinesische Organisation arbeitet auf Systemen in Deutschland. Dort liegen also auch die Daten.
Das neue Antisanktions-Gesetz kann Unternehmen dazu zwingen, sich für oder gegen China zu entscheiden. Werden Webasto und andere zum Spielball auf der geopolitischen Bühne?
Das ist sicherlich Teil der Realität. Wenn sich die politische Gemengelage verhärtet und ein Decoupling droht, dann muss man als Firma so aufgestellt sein, dass man in jeder Region überlebensfähig ist, in der man operiert. Tatsache ist aber auch, dass wir in China gute Geschäfte machen und das Geld weiter in unsere Entwicklung oder innovative Technologien investieren können. Wir profitieren von dem Cashflow aus China, auch indem wir Arbeitsplätze in Deutschland schaffen. Aber wir sind natürlich so aufgestellt, dass wir in jeder Region profitabel arbeiten können.
Solange der Strom nicht abgeschaltet wird.
Webasto ist genauso wie viele unserer Kunden direkt von der Stromverknappung betroffen. Um die Situation abzufedern und die Produktion aufrechtzuerhalten, haben wir zwischenzeitlich zusätzliche Strom-Generatoren gemietet. Unser Eindruck ist, dass die Behörden sehr bemüht sind, die Situation zu stabilisieren. Der energieintensive Winter wird aber in jedem Fall eine weitere Herausforderung sein.
In ihrem neuen Batteriecenter in Jiaxing geht Webasto in China nun auch neue Wege, weg von Autodächern und Standheizungen. Steigen Sie mittelfristig in die Batterieproduktion ein?
Nein, wir werden keine Batteriezellen produzieren, sondern wollen eine Nische besetzen, in dem wir als Systemhersteller Batteriepacks entwickeln und verkaufen, die Hersteller in ihre Fahrzeuge integrieren können. So können sich Zelllieferanten und OEMs (Original Equipment Manufacturer, also Autohersteller) auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Das war eine mutige Entscheidung in 2016, in diesen neuen Bereich der Elektromobilität zu investieren. Unser Ziel ist es, mit unseren Systemlösungen für die Elektromobilität in einigen Jahren mehr als eine Milliarde Euro Umsatz zu generieren.
China ist der größte Einzelmarkt für Webasto, der dem Unternehmen fast 40 Prozent des Umsatzes einbringt. Sie haben dort zwölf Standorte. Bleibt das Zentrum der Forschung und Entwicklung dennoch in Deutschland?
Ja. Unsere Batterie-Technologie wurde komplett in Deutschland entwickelt. Wir haben jetzt aber gemeinsam mit chinesischen OEMs ein eigenes chinaspezifisches Batterieprodukt. Ich sehe hier ein wichtiges Prinzip für den freien Wettbewerb: Wir sollten nicht versuchen, andere Länder einzuschränken, sondern besser, schneller, innovativer zu sein.
Holger Engelmann ist seit 2013 Vorstandsvorsitzender des Autozulieferers Webasto mit Sitz in Stockdorf bei München. Zuvor war der promovierte Volkswirt dort stellvertretender CEO und Finanzchef.
Webasto wurde 1901 gegründet und ist auch heute noch ein Familienunternehmen. Schwerpunkte liegen bei Dächern, Heizungen und Klimaanlagen, sowie bei Ladeeinrichtungen und kompletten Batteriesystemen für Elektroautos. Webasto produziert schon seit 2001 in Shanghai. China ist heute der wichtigste Einzelmarkt des Unternehmens. Im September 2019 besichtigte Kanzlerin Angela Merkel das Webasto-Werk in Wuhan. Im Januar 2020 steckten sich einige Firmenmitarbeiter in Deutschland mit Corona an. Das Unternehmen erhielt damals viel Lob für seine schnelle Reaktion zur Eindämmung der Infektionsketten.
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Standards strategisch eingesetzt
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Im Kontrast zum Unternehmens-getriebenen Modell in der EU oder den USA, behält in China die Regierung den Prozess der Standardisierung fest im Griff.
Zudem unternimmt China große Anstrengungen, auch in internationalen Gremien sein Gewicht zu erhöhen. Ein deutliches Signal dafür, wie politisch bedeutend Standardisierung aus Sicht Pekings ist.
Standardisierung in China unterstützt industriepolitische Ziele. Die Leitungen der Technischen Komitees für Standardsetzung sind zumeist sehr eng mit Regierungsorganen verzahnt.
Der Fokus auf China-spezifische Standards beeinflusst den Wettbewerb zugunsten lokaler Unternehmen. In einer gemeinsamen Umfrage von VDMA und Sinolytics gaben 38,7 Prozent deutscher Maschinenbauer an, dass die Abweichung chinesischer Standards von internationalen Normen höhere Kosten und Wettbewerbsnachteile erzeugt.
Aktuell werden nur ca. ein Drittel der neuen Standards in China von internationalen Standards abgeleitet. Die kürzlich veröffentlicht “National Standardization Development Outline” gibt zwar das Ziel aus, diesen Anteil bis 2025 auf 85 Prozent zu erhöhen, doch wie dies umgesetzt werden soll, bleibt bisher unklar.
Die “National Standardization Development Outline” erwähnt zudem die Stärkung einer “marktgeführten” Standardisierung, betont zugleich jedoch die Steuerungskompetenz des Staates.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich vollständig auf China konzentriert. Es berät europäische Unternehmen zur strategischen Ausrichtung und spezifischen Geschäftsaktivitäten in China.
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Starker Oktober für Xpeng
Der chinesische Elektrofahrzeughersteller Xpeng hat im Oktober mehr als 10.000 Fahrzeuge verkauft. Das gab das Unternehmen am Montag bekannt. Die 10.138 verkauften Autos entsprechen einem Anstieg von 233 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Damit ist der Oktober der zweite Monat in Folge, in dem Xpeng die Marke von 10.000 Auslieferungen überschreitet. Im September hatte das Unternehmen mit 10.412 Fahrzeugen einen firmeneigenen Verkaufsrekord aufgestellt. Die Auslieferungen in diesem Monat wurden vor allem durch die elektrische Sportlimousine P7 mit 6.044 Einheiten angekurbelt, was einem Anstieg von 187 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht.
Die Monatsmarke von 10.000 Fahrzeuge gilt in China als wichtiger Indikator. Zumal Xpeng die Verkaufszahlen erzielen konnte trotz landesweiter Stromknappheit und einem weltweiten Mangel an Halbleiterchips.
Das chinesische Unternehmen hat letztes Jahr mit der Auslieferung von Elektrofahrzeugen nach Norwegen begonnen und strebt eine weitere Expansion in Europa an. Vergangene Woche hatte man die Verkaufspreise seiner Flaggschiff-Limousine P7 in Norwegen bekannt gegeben. In dem nordeuropäischen Land tritt man in Konkurrenz mit dem Branchenführer Tesla und dem heimischen Rivalen Nio (China.Table berichtete). Nio hatte zuletzt in Oslo seine erste Batterietauschstation fertiggestellt. Sie soll demnächst eröffnet werden. rad
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Start-up Byton droht Konkurs
Das bereits vor Jahren ins Schlingern geratene E-Auto-Start-Up Byton kann keine Lohnzahlungen mehr an die Beschäftigten leisten. Das Unternehmen steckt in ernsthaften Finanzproblemen, wie das Wirtschaftsmagazin Caixin berichtet. Ein Gläubiger hatte demnach die Einleitung eines Konkursverfahrens gegen das Start-up beantragt. Ein Gericht in Nanjing hat dem Bericht zufolge auch bereits eine erste Anhörung abgehalten.
Byton hatte 2018 sein erstes Auto-Konzept, den M-Byte, präsentiert – anschließend geriet das Start-up jedoch in Schwierigkeiten. Der E-Auto Hersteller hatte bereits im Oktober 2019 die Vorserienproduktion des M-Byte gestartet und war auf dem Weg zur Serienproduktion. Spätestens im Zuge der Corona-Pandemie wackelte jedoch der Zeitplan, da zugesagte Gelder am Ende nicht flossen. Eine Kooperation mit Foxconn galt als Rettungsanker. Noch im Januar hatte das Unternehmen angekündigt, dass Foxconn Byton dabei unterstützen werde, den M-Byte bis zum ersten Quartal 2022 in Serie zu bringen – im Juli 2020 stellte das Unternehmen den Betrieb aber vorübergehend ein.
Byton war 2016 von ehemaligen Managern von BWM und Nissan gegründet worden und konnte anfangs Finanzmittel im hohen dreistelligen Millionenbereich einwerben. Insgesamt hat das E-Auto-Start-Up circa 1,1 Milliarden Euro verbrannt (China.Table berichtete). nib
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Noch weniger Flüge auf China-Strecken
Die Fluggesellschaften müssen ihr Angebot von und nach China in den kommenden Monaten noch weiter ausdünnen. Die Luftfahrtbehörde sehe für den Winterflugplan noch weniger Verbindungen vor als in diesem Sommer, in dem bereits ein reduziertes Angebot galt. Das berichtet der ARD-Hörfunk aus Shanghai. Als Begründung für die Einschränkung des Flugbetriebs dient der Infektionsschutz. Im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele im Februar in Peking versucht die Regierung derzeit, aufflammende Ausbrüche der Delta-Variante von Sars-CoV-2 im Keim zu ersticken (China.Table berichtete). Dazu gehört nach Vorstellung der Regierung, weitere Einschleppungen von außen zu unterbinden. Deshalb gelten in China derzeit die strengsten Quarantäneregeln unter den großen Volkswirtschaften.
Wirtschaftsvertreter kritisieren unterdessen die zunehmende Abschottung Chinas von der Außenwelt als übertrieben und schädlich. Die strengen Einreisebedingungen seien eine “kaum zumutbare Hürde” für deutsche Firmen, erklärte die Handelskammer in Peking gegenüber der ARD. “Die Hoffnung auf eine schnelle Öffnung” zerschlage sich damit, bekräftigte die Kammer in Shanghai. Andere asiatische Länder steuern derzeit, anders als China, dank steigender Impfquote auf eine vorsichtige Öffnung zu. fin
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Gesundheit
Handel
Personalien
Hubertus Troska wird zur weiteren Vereinheitlichung der Vorstandsressorts der Daimler AG und der Mercedes-Benz AG ebenfalls in den Vorstand der Mercedes-Benz AG berufen. Troska ist CEO und Chairman von Daimler Greater China und verantwortlich für alle strategischen und operativen Aktivitäten von Daimler in China.
Lars Bäumann ist für Volkswagen von Mexiko nach Shanghai umgezogen. Bäumann trägt dort den Titel eines Global Executive Advisors. Er arbeitet seit 41 Jahren für VW.
André Segismundo leitet seit Oktober die Forschung und Entwicklung bei Daimler Trucks China in Peking. Er war zuvor in Stuttgart der Head of Quality Engineering Entire Vehicles.