Programmstart erst im Sommer 2024: BMBF verschickt Bericht an Haushaltsausschuss des Bundestags.
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir melden uns heute, am späten Freitagabend, mit einem Update zum Startchancen-Programm. Im Mai hatten die Haushälter der Ampel-Fraktionen das BMBF per Maßgabebeschluss aufgefordert, ein Konzept für das Prestigeprojekt vorzulegen. Das war ein durchaus ungewöhnliches Vorgehen.
Heute, am letzten Tag der Frist, wurde der Bericht an den Bundestag verschickt – gespickt mit vielen allgemeinen Phrasen und einer klaren Botschaft: Das Programm soll frühestens zum Schuljahr 2024/2025 starten. In einer Analyse habe ich das Papier, das mir seit heute Nachmittag vorliegt, zusammengefasst.
Sie haben Anregungen und Gedanken dazu? Schreiben Sie uns auf Twitter oder LinkedIn!
Einen guten Start ins Wochenende!
Ihr Moritz Baumann
Analyse
BMBF-Bericht: Startchancen-Programm verzögert sich massiv
Das Startchancen-Programm gilt als Prestigeprojekt der Ampel-Bildungspolitik.
Lange wurde darüber spekuliert, jetzt steht es fest: Das Startchancen-Programm soll frühestens im Schuljahr 2024/2025 starten. Das geht aus einem Bericht hervor, den das BMBF am Freitag an den Haushaltsausschuss des Bundestags verschickte und der Bildung.Table vorliegt. Ihrem eigenen Zeitplanhinken die Koalitionäre damit deutlich hinterher.
Es handele sich, so die Ministerialen, weiter um “Vorüberlegungen“. Und das ist für viele Beobachter keine Überraschung. Die Ampel ist seit fast zehn Monaten im Amt und kann weiter kaum Antworten auf Kernfragen rund um das Startchancen-Programm geben. Das spiegelt sich in fast jeder Zeile des Papiers. Immer wieder verweisen die Autoren auf die Gespräche mit den Ländern, ohne eigene Vorstellungen zu konkretisieren.
“Impulse für eine systemische Veränderung“
Davor scheut Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger offensichtlich zurück. Sie nennt auch keine konkrete Summe, die der Bund finanzieren kann. Dabei braucht es wohl mindestens eineinhalb bis zwei Milliarden Euro pro Jahr, damit das Programm Schlagkraft entwickeln kann. Immerhin, so schreiben die Autoren, sollen die geförderten Schulen “Modellcharakter” entwickeln und damit “Impulse für eine systemische Veränderung zur nachhaltigen Steigerung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens geben.”
So sieht der Zeitplan laut BMBF aus:
Im ersten Halbjahr 2024 soll das Startchancen-Programm das Bundeskabinett passieren. Bis dahin sollen erstmal Workshops mit Wissenschaftlern stattfinden. Das sind einige der offenen Fragen: Nach welchen Kriterien sollen die Schulen eigentlich ausgewählt werden? Welchen Rahmen gibt es für das Schuldbudget, das die Schulen eigenständig verwalten dürfen? Wie könnte eine Programm-Monitoring aussehen? Anschließend wollen Bund und Länder sich auf “Eckpunkte” verständigen.
Was schon bekannt ist: Das Programm soll aus drei Säulen bestehen. Die Ampel-Regierung will 4.000 Schulen mit einer hohen Quote sozial benachteiligter Schüler unterstützen. Mit einem Investitionsprogramm soll der Bund die Sanierung von Schulgebäuden finanzieren. Daneben setzte die SPD durch, dass die Koalition die Länder unterstützt, dauerhafte Stellen für die Schulsozialarbeitan insgesamt 8.000 Schulen zu schaffen. Die letzte Säule trägt schließlich die Handschrift der FDP: Die Ampel will den 4.000 ausgewählten Schulen ein Chancenbudget zur Verfügung zu stellen. Über dieses Geld könnten die Schulleiter dann frei verfügen, um Unterricht und Lernangebote weiterzuentwickeln.
Länder sollen sich “substantiell” beteiligen
Nur ist die Finanzierung laut dem aktuellen Papier ungeklärt. “Das Vorhaben steht unter Haushaltsvorbehalt“, schreibt das BMBF. Erst im Haushalt 2024 sollen erste Programmmittel verankert werden. Das Ministerium plant weiter mit einer Laufzeit von zehn Jahren, bringt nun jedoch eine zeitliche Staffelung der Förderung ins Spiel. Das klingt so, als will Stark-Watzinger den eigenen Haushalt schonen. Anschließend folgt der Satz: “Eine angemessene substanzielle finanzielle Beteiligung der Länder ist sicherzustellen.”
Nachdem das Wissenschaftszentrum Berlin die Wirksamkeit der Corona-Bildungshilfen heftig kritisiert hat (“Gruselige Bilanz“), pocht das BMBF beim Startchancen-Programm nun auf eine enge “wissenschaftliche Begleitung“. Ziel sei eine “übergeordnete Erfolgskontrolle mit Blick auf die bildungspolitische Zielsetzung”. Erfahrungen aus dem Startchancen-Programm will das Ministerium für die Zukunft konservieren. Stichwort: Transfer. Dafür will der Bund die jeweiligen Landesinstitute für Qualitätsentwicklung eng einbinden.
Evaluation und Kontrolle der Länder
Für die drei Säulen des Programms macht das Ministerium nun Vorschläge für ein “Berichtswesen” und geht mit einer Forderung in die Offensive: Die Länder müssten für die Evaluation vergleichbare Daten erheben.
Investitionsprogramm für Schulgebäude und Ausstattung: Analog zum Digitalpakt strebt das BMBF eine Finanzierung über Artikel 104c des Grundgesetzes an. Damit wären die Länder verpflichtet “turnusmäßig Verwendungsnachweise” und regelmäßige Fortschrittsberichte nach Berlin zu schicken.
Schulbudget: Die Länder sollen regelmäßig berichten. “Mechanismen zur Erhöhung der Verbindlichkeit und Transparenz” würden geprüft, heißt es.
Förderung der Schulsozialarbeit: Hier seien Nachweis- und Berichtspflichten realisierbar.
Schon im August deutete sich an, dass sich selbst innerhalb Ampel-Koalition Unmut breitmacht. Lesen Sie hier nochmal die Analyse: “Wir sind total unzufrieden“
Licenses:
Programmstart erst im Sommer 2024: BMBF verschickt Bericht an Haushaltsausschuss des Bundestags.
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir melden uns heute, am späten Freitagabend, mit einem Update zum Startchancen-Programm. Im Mai hatten die Haushälter der Ampel-Fraktionen das BMBF per Maßgabebeschluss aufgefordert, ein Konzept für das Prestigeprojekt vorzulegen. Das war ein durchaus ungewöhnliches Vorgehen.
Heute, am letzten Tag der Frist, wurde der Bericht an den Bundestag verschickt – gespickt mit vielen allgemeinen Phrasen und einer klaren Botschaft: Das Programm soll frühestens zum Schuljahr 2024/2025 starten. In einer Analyse habe ich das Papier, das mir seit heute Nachmittag vorliegt, zusammengefasst.
Sie haben Anregungen und Gedanken dazu? Schreiben Sie uns auf Twitter oder LinkedIn!
Einen guten Start ins Wochenende!
Ihr Moritz Baumann
Analyse
BMBF-Bericht: Startchancen-Programm verzögert sich massiv
Das Startchancen-Programm gilt als Prestigeprojekt der Ampel-Bildungspolitik.
Lange wurde darüber spekuliert, jetzt steht es fest: Das Startchancen-Programm soll frühestens im Schuljahr 2024/2025 starten. Das geht aus einem Bericht hervor, den das BMBF am Freitag an den Haushaltsausschuss des Bundestags verschickte und der Bildung.Table vorliegt. Ihrem eigenen Zeitplanhinken die Koalitionäre damit deutlich hinterher.
Es handele sich, so die Ministerialen, weiter um “Vorüberlegungen“. Und das ist für viele Beobachter keine Überraschung. Die Ampel ist seit fast zehn Monaten im Amt und kann weiter kaum Antworten auf Kernfragen rund um das Startchancen-Programm geben. Das spiegelt sich in fast jeder Zeile des Papiers. Immer wieder verweisen die Autoren auf die Gespräche mit den Ländern, ohne eigene Vorstellungen zu konkretisieren.
“Impulse für eine systemische Veränderung“
Davor scheut Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger offensichtlich zurück. Sie nennt auch keine konkrete Summe, die der Bund finanzieren kann. Dabei braucht es wohl mindestens eineinhalb bis zwei Milliarden Euro pro Jahr, damit das Programm Schlagkraft entwickeln kann. Immerhin, so schreiben die Autoren, sollen die geförderten Schulen “Modellcharakter” entwickeln und damit “Impulse für eine systemische Veränderung zur nachhaltigen Steigerung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens geben.”
So sieht der Zeitplan laut BMBF aus:
Im ersten Halbjahr 2024 soll das Startchancen-Programm das Bundeskabinett passieren. Bis dahin sollen erstmal Workshops mit Wissenschaftlern stattfinden. Das sind einige der offenen Fragen: Nach welchen Kriterien sollen die Schulen eigentlich ausgewählt werden? Welchen Rahmen gibt es für das Schuldbudget, das die Schulen eigenständig verwalten dürfen? Wie könnte eine Programm-Monitoring aussehen? Anschließend wollen Bund und Länder sich auf “Eckpunkte” verständigen.
Was schon bekannt ist: Das Programm soll aus drei Säulen bestehen. Die Ampel-Regierung will 4.000 Schulen mit einer hohen Quote sozial benachteiligter Schüler unterstützen. Mit einem Investitionsprogramm soll der Bund die Sanierung von Schulgebäuden finanzieren. Daneben setzte die SPD durch, dass die Koalition die Länder unterstützt, dauerhafte Stellen für die Schulsozialarbeitan insgesamt 8.000 Schulen zu schaffen. Die letzte Säule trägt schließlich die Handschrift der FDP: Die Ampel will den 4.000 ausgewählten Schulen ein Chancenbudget zur Verfügung zu stellen. Über dieses Geld könnten die Schulleiter dann frei verfügen, um Unterricht und Lernangebote weiterzuentwickeln.
Länder sollen sich “substantiell” beteiligen
Nur ist die Finanzierung laut dem aktuellen Papier ungeklärt. “Das Vorhaben steht unter Haushaltsvorbehalt“, schreibt das BMBF. Erst im Haushalt 2024 sollen erste Programmmittel verankert werden. Das Ministerium plant weiter mit einer Laufzeit von zehn Jahren, bringt nun jedoch eine zeitliche Staffelung der Förderung ins Spiel. Das klingt so, als will Stark-Watzinger den eigenen Haushalt schonen. Anschließend folgt der Satz: “Eine angemessene substanzielle finanzielle Beteiligung der Länder ist sicherzustellen.”
Nachdem das Wissenschaftszentrum Berlin die Wirksamkeit der Corona-Bildungshilfen heftig kritisiert hat (“Gruselige Bilanz“), pocht das BMBF beim Startchancen-Programm nun auf eine enge “wissenschaftliche Begleitung“. Ziel sei eine “übergeordnete Erfolgskontrolle mit Blick auf die bildungspolitische Zielsetzung”. Erfahrungen aus dem Startchancen-Programm will das Ministerium für die Zukunft konservieren. Stichwort: Transfer. Dafür will der Bund die jeweiligen Landesinstitute für Qualitätsentwicklung eng einbinden.
Evaluation und Kontrolle der Länder
Für die drei Säulen des Programms macht das Ministerium nun Vorschläge für ein “Berichtswesen” und geht mit einer Forderung in die Offensive: Die Länder müssten für die Evaluation vergleichbare Daten erheben.
Investitionsprogramm für Schulgebäude und Ausstattung: Analog zum Digitalpakt strebt das BMBF eine Finanzierung über Artikel 104c des Grundgesetzes an. Damit wären die Länder verpflichtet “turnusmäßig Verwendungsnachweise” und regelmäßige Fortschrittsberichte nach Berlin zu schicken.
Schulbudget: Die Länder sollen regelmäßig berichten. “Mechanismen zur Erhöhung der Verbindlichkeit und Transparenz” würden geprüft, heißt es.
Förderung der Schulsozialarbeit: Hier seien Nachweis- und Berichtspflichten realisierbar.
Schon im August deutete sich an, dass sich selbst innerhalb Ampel-Koalition Unmut breitmacht. Lesen Sie hier nochmal die Analyse: “Wir sind total unzufrieden“